laut.de-Kritik

Die Wasserpistolen im Anschlag.

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Ein knappes Dutzend nackter Brüste, literweise künstlicher Schweiß und staubtrockene Outlaw-Uniformen, die unter der sengenden Wüstensonne wie eine zweite Haut an den Leibern der Verantwortlichen kleben: Für ihr zehnjähriges Bandjubiläum haben The BossHoss weder Kosten noch Mühen gescheut, um am Ende auch das letzte Klischee mit an Bord zu nehmen.

Da werden sogar Kollegen wie Xavier Naidoo, Nena, Rea Garvey, die Common Linnets, Aura Dione und die Graveltones in miefende Feinripphemden gezwängt.

Zunächst mal liegt der Fokus auf den elf selbstgebastelten Geschenken, die sich die beiden Hauptstadt-Lassoschwinger Alec Völkel und Sascha Vollmer zum Jubiläum auf den Gabentisch legen. Wer beim Auspacken mithilft, ist selber schuld: Denn abgesehen vom durchaus groovenden Opener "Wait For Me" und dem locker aus der Hüfte geschossenen Fingerschnipser "I'm Coming Home" bewegt sich der Rest des selbstgeschriebenen Materials auf Kreisklasse-Niveau.

Abermals winseln die Möchtegern-Cowboys vor den Toren Dänemarks ("Wait For Me"), klopfen jedem x-beliebigen Elvis-Imitator anerkennend auf die Schultern ("Today, Tomorrow, Too Long, Too Late") und versuchen sich an einer Melange aus Alt und Neu ("Dos Bros").

Und grüßt man hier gar wieder in Richtung Hip Hop ("A Cowboys Work Is Never Done")? Auweia! Muss sich erst ein Kay One an einem Folk-Song versuchen, ehe die Herren begreifen, dass man von manchen Experimenten besser die Finger lassen sollte?

Scheinbar. Und dass alles nur um Topmodel Franziska Knuppe dazu zu bewegen, sich die Klamotten vom Leib zu reißen. Macht sie aber natürlich nicht. Stattdessen wackeln nicht ganz so gut bezahlte Kolleginnen mit ihren nackten Tatsachen. Sex sells! Alles schon dagewesen. Die erste "Dos Bros"-Halbzeit kann man getrost in die Tonne kloppen. Es sei denn, man steht auf künstlerisch armselig umgesetzte wilde Fantasien zweier Möchtegerns mit Wasserpistolen im Anschlag.

Zum 10-Jährigen gibts aber noch Nachschlag. Und für den setzen sich The BossHoss in die Zeitreisekapsel und wecken Erinnerungen an Zeiten, in denen die Berliner noch nicht im Stande waren, eigenen Firlefanz zu verfassen. Sprich: Covern mit tatkräftiger Unterstützung.

Musikalisch überrascht erwartungsgemäß wenig. Country-Pop trifft auf Hip Hoppiges: Standard von der Stange, der weder juckt noch kratzt. Interessant wirds, wenn sich die Verantwortlichen Kollegen ins Boot holen.

Man kann ja von Leuten wie Xavier Naidoo und Rae Garvey halten, was man will. Fakt bleibt: Die beiden können singen. Und genau das tun sie auch – ganz im Gegensatz zu Boss Burns und Hoss Power. Die imitieren lediglich, mehr nicht. Und das schlecht. So entwickelt sich das geplante Finalfeuerwerk zum musikalischen Offenbarungseid.

Da stehen sie nun die beiden, schweißgebadet, ohne Munition und mit gruseligem Prärieakzent völlig überfordert. Spiel uns das Lied vom Tod, Xavier! Zeig uns wie mans richtig macht, Rae! Und Aura und Ilse? Die hauen die letzten Nägel in den Zweimannsarg.

Trackliste

  1. 1. Wait For Me
  2. 2. Dos Bros
  3. 3. Joyridin'
  4. 4. Today, Tomorrow, Too Long, Too Late
  5. 5. I Like It Like That
  6. 6. Star Of The Roadcrew
  7. 7. She Is A Little B
  8. 8. Tennessee Woman
  9. 9. I'm Coming Home
  10. 10. Lady JD
  11. 11. A Cowboys Work Is Never Done
  12. 12. No Diggity
  13. 13. Jolene
  14. 14. Geronimo
  15. 15. The Beautiful People
  16. 16. Walking Away
  17. 17. What I Did For Love
  18. 18. Candy Shop
  19. 19. Thrift Shop
  20. 20. Easy
  21. 21. Boom Boom

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