laut.de-Kritik
Stilistische Vielseitigkeit statt "Cannonball"-Feeling.
Review von Martin LeuteIst von den Breeders die Rede, sehnt man sich unverzüglich nach "Cannonball", erhofft sich Anknüpfen an Zeiten, in denen die Damen mit "Last Splash" und "Pod" dem Alternativerock ihren ungestümen, prägnanten Stempel aufdrückten.
Nach der Pixies-Reunion-Tour begab sich Kim Deal mit ihrer Zwillingsschwester Kelley und der Rhythmusgruppe um Mando Lopez und José Medeles ins Studio, um nach dem behäbigen "Title TK" (2002) das viertes, erneut von Steve Albini produzierte Album einzuspielen.
"Overglazed" eröffnet das Album mit Synthieklängen, Bass und wirbelnden Drums, ehe Kim mit der sich immer wiederholenden Textzeile "I can feel it" aufspringt. "Ja was denn eigentlich?", fragt sich da der geneigte Hörer.
"I love no one / and no one loves me" bekommt man in "Bang On" möglicherweise als Antwort serviert, melodisch ähnlich eintönig und von einem dumpfe monotonen Beat zur verhaltenen E-Gitarre unterlegt. Der Sound beglaubigt die fatalistische Aussage.
Lieblich und melancholisch trägt Kelley "Night Of Joy" vor, von Leidenschaft kann auch hier nicht die Rede sein. Kims Gesang in "We're Gonna Rise" ist wunderbar, aber auch dieser ruhige Song bleibt trotz schöner Melodielinie recht blass, von der Andeutung eines expressiven Gitarrensolos mal abgesehen.
Dagegen geht das düster-kernige "German Studies" anschließend mit angezogenem Tempo ins Ohr, ein tatsächlich deutschsprachiger Song mit dezentem Punkwave-Flair, dessen zweistimmiger Gesang famos arrangiert ist. Geht doch!
"Walk It Off" mit dominantem Bass, das punkpoppige "It's The Love" und das ungestüme "No Way" entsprechen dann noch am ehesten dem ungestümen Indierock, den man sich im Vorfeld gewünscht hat. Das wars dann aber mit den kraftvollen Inszenierungen.
Stattdessen gibts mit dem großartigen Bolero-Standard "Regatame Esta Noche" ein spanisches Cover, das jedem Almódovar-Film gut stehen würde. Ungewöhnlich und reizvoll klingt auch die - im Walzertakt von der Akustischen begleitet - zweistimmig gesungene Folknummer "Here No More", die von der Carter Family stammen könnte.
Das neue Werk schließt mit dem kargen und traurig-schönen Titeltrack "Mountain Battles" ab und lässt mich ob der verstörenden Eigenwilligkeit doch einigermaßen irritiert zurück. Zwar setzen die Breeders noch immer auf sparsame Arrangements und spielen mit Auslassungen und Andeutungen, die immer suggerieren, dass da noch was Ungewöhnliches passieren wird.
Häufig passiert dann aber nicht viel. Spannungsreich bleibt dieses Konzept dennoch, auch wenn man es als mangelnde Risikofreudigkeit auslegen kann. Lässt man die hohe Erwartungshaltung, die ein neues Breeders-Album hervor ruft, beiseite, dann muss man "Mountain Battles" als ein stilistisch abwechslungsreiches Indiealbum bezeichnen - zugänglicher als der Vorgänger, aber weniger dringlich.
Noch keine Kommentare