laut.de-Kritik
Die Deal-Zwillinge scheinen ihr Gespür für Melodien verloren zu haben.
Review von Philipp SchiedelNeun verdammte Jahre waren die Breeders im Wachkoma. Von ihren beiden Nebenprojekten (The Amps und Kelley Deal 6000) mal abgesehen, legten die Deal–Zwillinge in dieser Zeit ihr Augenmerk hauptsächlich auf die persönliche Selbstzerstörung durch Alkohol (Kim) und Drogen (Kelley).
Darunter hat wohl nicht nur ihr Körper, sondern auch das Songwritingvermögen erheblich gelitten. Nicht dass irgendjemand von den Breeders eine grundlegende Veränderung erwartet, geschweige denn gewollt hätte: "Title TK" ist immer noch glasklarer Anfang-90er-Indie-Rock, der natürlich von niemand anderem als Steve Albini produziert wurde. Die Voraussetzung für eine nahtlose Fortführung des Bewährten wäre also da gewesen, allerdings scheint Kim Deal ihr Gespür für Melodien im Bierflaschenberg verloren zu haben.
Das jahrelange Warten auf eines/einen dieser wunderbar typischen Riffs oder Refrains entlohnt sie nur gelegentlich. "Huffer", "Son Of Three" oder "Full On Idle" setzen mit ihren Kelley-Backgrounds und straight durchgezogener Gitarre und Schlagzeug ziemlich genau da an, wo man 1993 aufgehört hatte. Auch das wunderschön träge "Off You", das Deal so herrlich traurig und hoffnungsvoll zugleich lallend singt, hätte samt elektronischem Tröten mühelos seinen Platz auf alten Taten gefunden.
Ansonsten ist von der einstigen Breeders-Catchyness kaum mehr als ein Hauch zu spüren: "Title TK" klingt meistens wie eine uninspirierte B-Seiten-Kollektion. Die Breeders springen einen lange nicht mehr so an wie sie das noch vor zehn Jahren vermochten. Lieber verästeln sie sich in spärlich instrumentalisierten Strophen, die weder selbständig überleben, noch Spannung aufbauen können. Im schlimmsten Fall breitet sich das dann über den kompletten Song aus und resultiert wie in "Put On A Side" oder "The She" in völlig ideenlosen Lückenfüllern, die nicht mehr als lästige Skip-Kanidaten sind. Insgesamt scheint Kim Deal bis auf kleine Ausnahmen leider nur noch dazu fähig zu sein, mäßig gute Rocksongs zu schreiben, die aber in dieser Qualität wirklich nur noch Fans brauchen.
Ich hätte verdammt gerne aller Welt von diesem Album vorgejubelt und die üblichen "das Warten hat sich gelohnt"-Floskeln rausgehauen, aber dieses mittelprächtige Ergebnis einer neun Jahre langen Verschnaufpause erwirkt eigentlich nur eines: Angst vor Album Nummer Vier.
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