laut.de-Kritik
Ein Akkord? Reicht doch vollkommen aus.
Review von Giuliano BenassiBei dieser Truppe sollte man Ansagen wie "Best Of" oder "Singles Collection" mit einem Schmunzeln quittieren. Zumindest, wenn die Begriffe in einem konventionellen Sinne benutzt werden, denn ein Thema für die Charts waren The Brian Jonestown Massacre noch nie.
Dennoch kann die musikalisch wie besetzungstechnisch recht flexible Kombo um Madman Anton Newcombe auf ein beachtliches Werk zurückblicken. Tatsächlich hat sie auch Singles veröffentlicht, meist in sehr kleine Auflagen und eigenwilligem Coverwork. Oft keine Albumauskopplungen, sondern Stücke, die eigens aufgenommen wurden und so schwer erhältlich sind.
"Rarities" wäre also die treffendere Bezeichnung, zumal einige der hier vertretenen Stücke von Vinyl-Pressungen gezogen wurden, weil die Originabänder offenbar nicht mehr auffindbar waren. Was zu einer chaotischen Band wie dieser durchaus passt.
Chaotisch ist auch das Sammelsurium an Tracks. Um etwas zu kreieren, das sich annähernd wie ein Song anhört, kämpfe man sich bis Track fünf durch. Wie schon davor dominieren hier Verzerrungen und ein dumpfes Schlagzeug, frei nach Lou Reeds Motto: "Ein Akkord reicht vollkommen aus. Zwei sind Angeberei, drei Jazz".
Erst um 1995 entwickelt sich aus dem Klangbrei eine Struktur, wenn auch eine scheppe - gut zu hören in "Cold To The Touch" oder "Anemone". Um die Jahrtausendwende folgt BJMs produktivste Zeit. Einen großen Anteil daran haben die Dandy Warhols: erst Kumpels, dann, nach ihrem Durchbruch, eher Feindbild. "Not If You Where The Last Dandy On Earth" drückt Newcombes Ablehnung deutlich aus.
Die ersten drei Stücke der zweiten CD erinnern in ihrer Leichtigkeit an die Beatles. Anschließend wird die Stimmung dichter und rauer, insbesondere in "Prozac Vs. Heroin" und "Nailing Honey To The Bee" aus BJMs wahrscheinlich bestem Album "And This Is Our Music" (2005). Dass danach ein Sprung ins Jahr 2011 ("Illuminomini" und "There's A War Going On") folgt, bleibt bezeichnend für den kreativen Niedergang Newcombes.
Als abschließendes Schmankerl gibts zwei Stücke aus dem Jahr 1993, als BJM noch Acid hießen: Sowohl "Thoughts Of You" als auch "Never Ever" erinnern stark an Velvet Underground.
Vorliegende Sammlung bietet wenig Höhepunkte, beschreibt aber die kreative Kurve von Anthony Newcombe und seiner Band ohne Umschweife. Interessant für Fans ist auch das dicke Booklet, das alle Originalcover der vertretenen Singles versammelt.
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