laut.de-Kritik

So verrückt muss man erst einmal sein!

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Enttäuschung macht sich nach dem ersten Hören breit. Kein Knaller à la "Black Shuck" als Einstieg, kein grandioses "Get your hands off my woman, motherfucker", bei dem man sich auf die Lippen beißen muss. Keine Hits wie "Growing On Me" oder "I Believe In A Thing Called Love". Doch mit jedem Hören nimmt "OWTTH...AB" Form an.

Bei genauem Hinhören steigt "One Way Ticket" doch ganz gut ins Album ein. Der Herrenchor und die Panflöten (ich hasse Panflöten!), die den Hörer als Intro begrüßen, sind eigentlich sehr darkness-like. So verrückt muss man erst einmal sein! Der Song birgt ganz eindeutig Ohrwurmqualitäten. Schon wippt der Fuß. Und ist das eine Sitar, die das Solo spielt? Mit "Knockers" schieben The Darkness einen schönen Stampfer hinterher. Es wirkt fast so, als wären sie abgeklärter geworden. Wenn es so etwas wie Abgeklärtheit im Universum eines Justin Hawkins überhaupt gibt.

Seine Falsettstimme - die Hauptursache, warum vielen Kollegen The Darkness ursprünglich buchstäblich auf den Sack ging - setzt der extrovertierte Sänger nur noch dosiert ein oder als Backgroundgesang, wie bei "Is It Just Me?". Konnte man auf "Permission To Land" noch unzählige verschiedene Einflüsse heraushören (irgendwann in den schottischen Highlands hab ich mir mal eingebildet, Guns N'Roses heraus zu hören), beschränken sie sich nun. So offensichtlich Hawkins seine Vorliebe für Thin Lizzy zur Schau trägt, so klar sind hier Boston, Chicago und die frühen Queen ("Blind Man"!) vertreten. Vor allem bei den Mittelstücken "Dinner Lady Arms", dem sehr besinnlichen "Seemed Like A Good Idea At The Time" und dem großartigen "Hazel Eyes". Gerade Letzteres zeigt aber auch, wie sehr The Darkness von ihrem Vier-Mann-Gefüge abgerückt sind.

Immer wieder hört man ein Klavier, einen Chor, Streicher, oder (wie in diesem Fall) Dudelsack und Drums, wie sie die Musikabteilung der Highlandregimente der Royal Army spielen. Danach fällt das stampfende "Bald" ein wenig ab, das hauptsächlich vom Eunuchenchor im Hintergrund lebt. Dafür fährt "Girlfriend" direkt in die Hüfte und ist trotz schlechtem Synthie-Sound und Saxofon ganz großer Southern-Rock-Sport. Auch mit "English Country Garden" drücken sie hintenraus noch mal ordentlich auf die Tube, und spätestens hier stöpsel ich wieder die Luftgitarre ein.

Ob sich The Darkness mit ihrer Masche auf Dauer halten können, weiß kein Mensch, aber mit diesem zweiten Album ist das, was sie machen, noch nicht total ausgelutscht. Im Gegenteil, phasenweise ist es ein Höllenspaß.

Trackliste

  1. 1. One Way Ticket
  2. 2. Knockers
  3. 3. Is It Just Me?
  4. 4. Dinner Lady Arms
  5. 5. Seemed Like A Good Idea At The Time
  6. 6. Hazel Eyes
  7. 7. Bald
  8. 8. Girlfriend
  9. 9. English Country Garden
  10. 10. Blind Man

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