laut.de-Kritik
Hugs für Glenn Hughes.
Review von Yan TemminghoffDas Besetzungskarussell bei der Retortencombo The Dead Daisies dreht sich in die nächste Runde. 'Never Change A Winning Team?' Für Bandgründer und Firmenerbe David Lowy kein Glaubensgrundsatz. Aber immerhin holte Lowy Brian Tichy zurück auf den Drumschemel. Das Engagement von Journey-Fellgerber Dean Castronovo geriet somit nur zum Zwischenton.
Die Kontinuität wahrt Lowy hauptsächlich durch seinen Tandempartner Doug Aldrich an der Gitarre, der seit 2016 am Start ist. Der Ex-Dio und -Whitesnake-Klampfer ist ein profunder Rockkenner und beherrscht neben Hook und Hüftschwung das melodische Spiel. Wie beim Vorgänger "Holy Ground" nimmt vor dem Mikro wieder der 71-jährige Ex-Deep Purple Fronter Glenn Hughes Platz. Und weil der Mann so quietschfidel ist und nicht nur gut bei Stimme, nimmt er obendrein das Langholz in die Hand.
"Radiance" bedient wie der Vorgänger die Sparte Hardrock, breitbeinig gespielt, auf den Punkt und knietief im Fahrwasser von Led Zeppelin, Deep Purple und AC/DC. Was der Stimmung zwar keinen Abbruch tut, die meisten Hugs sammelt dabei gleichwohl Hughes ein: Er verhindert mit seiner von Charakterstärke und Wiedererkennungswert strotzenden Stimme das Abrutschen in die Bedeutungslosigkeit.
Der Uptempo-Rocker "Shine On" oder das mit Open Chords ausstaffierte "Face Your Fear" erfüllen instrumental das Prädikat nett. So richtig zum Leben erweckt erst sie erst die Soul-getränkte Stimme des drahtigen Stimm-Akrobaten.
Punkte sammelt der schleppende Titeltrack, der doomig düstere Züge trägt und den lädierten Fingerkuppen des Meisters der schwarzen Messe, Tony Iommi, entstammen könnte. Der Beat von "Born To Fly" funktioniert nur mit Cowbell und Country-Mittelteil. Und wo tönt der Vocoder? Als Bon(jovi)mot passenderweise im sonnigen "Kiss The Sun".
Gab es auf dem Vorgänger noch leichte Tendenzen zum ausschweifenden Musizieren - man denke nur an den episch veranlagten Closer "Far Away" - sinddie proggigen Ansätze mittlerweile in die 'Danger Zone' verbannt. Es regiert das der Hörerschaft in Übersee so vertraute KKK-Prinzip: kurz, knackig, kompakt. Wer Jams will, soll bitteschön auf die erlesenen Konzerte gehen, und Spotify zahlt Tantiemen für Klicks und nicht für Songlänge. Da bleibt Lowy doch deutlich mehr Businessmann als Musiker.
Unterm Strich regt sich das schüttere Haar ob der satten Produktion. Die gute Handwerkskunst und Erfahrung der Beteiligten erinnert an die Zeit, als Hardrock noch im Hoch gestanden ist. Ein Verweis wohlgemerkt, mehr auch nicht.
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