laut.de-Kritik
Atmosphärisch und langatmig wie ein Mexican Stand-Off.
Review von Connor EndtGerade geht in der Wüste die Sonne unter, als sich langsam vier Gestalten nähern. Sie tragen schwarze Westen, weiße Hemden und breitkrempige Hüte, die ihre Gesichter verbergen, einzig die darunter liegenden Rauschebärte kann man erkennen. Zum Klang eines einsamen Cellos tanzt in der Ferne ein Strohballen durch den Staub. The Dead South sind zurück und präsentieren uns nach dreijähriger Pause ein Album, das einen wieder in längst vergessene Zeiten katapultiert. Der "Act Of Approach" beschwört das anfangs erwähnte Szenario herauf mit seinen dramatischen Gitarren-Akkorden und einem Cello, das so auch direkt aus einem Western importiert sein könnte.
Bei "Diamond Ring" krächzt Frontmann Danny Kenyon ins Mikro und erzählt die Geschichte von einem großen Raubüberfall: "Baby wants a diamond" und dafür zieht ein Schurke dann los und erleichtert den Tattergreis im nächsten Tal um seine Goldvorräte. Das Storytelling ist dabei so wenig zeitgemäß und verstaubt wie der schlussendlich geraubte Schatz, aber die Geschichte klingt überzeugend umgesetzt. Die Gitarre baut sich klammheimlich auf, das Cello knarzt unheilvoll im Hintergrund und die restlichen Bandmitlgieder steigen im Refrain mit ein und raunen wie die Verbecherbande höchstpersönlich. Spätestens, wenn das Banjo hinzu stößt, bekommt der Song irgendwie auch eine augenzwinkernde Note. Aber auch das gehört ja zu The Dead South dazu, dieser leicht ironische Unterton, der immer mitzuschwingen scheint.
Und schon geht der atemberaubende Ritt weiter, das Banjo steht nie still, wirklich ruhig oder gediegen wird es auf "Sugar & Joy" niemals. Ein gutes Beispiel dafür, dass sich Emotionen auch transportieren lassen, obwohl die erzählten Geschichten nichts mit unserer Lebensrealität zu tun haben, ist "Broken Cowboy". Das liegt vor allem an Danny Kenyons Stimme, die einem so ziemlich jede Geschichte glaubhaft rüberbringen könnte.
Letztendlich kann aber auch ein weiteres Instrumental ("Snake Man Part 1") nicht darüber hinwegtäuschen, dass "Sugar & Joy" leider eine gewisse Langatmigkeit mit sich bringt. Selbst wenn die Gitarre mal nach spanischer Sitar klingt ("Snake Man Part 2"), hört man eben doch, dass hier immer wieder ähnliche Songwriting-Bausteine zur Anwendung kommen. Und auch wenn "Sugar & Joy" ein atmosphärisches, absolut tanzbares Album geworden ist, würde man sich an der ein oder anderen Stelle doch über ein paar musikalische Experimente oder Ausreißer freuen. Wahrscheinlich gehört diese Platte einfach auf die Bühne, um ihre volle Wirkung zu entfalten.
1 Kommentar
Hab die Band durch Zufall bei einem Kumpel gehört. Hat mich überrascht, dass die Jungs aus Kanada stammen. Hatte bei der Musik Hillbillies oder Rednecks vor Augen. Die Rezi ist ganz zutreffend geschrieben - auf Albumlänge wird es anstrengend.