laut.de-Kritik
Der Sound der frühen Neunziger.
Review von Philipp Kause"All Together Now" schmetterten die Liverpooler The Farm vor fast 35 Jahren. Nach zwei Dekaden, in denen sie nur live agierten, kehren sie in die Plattenläden zurück, zumindest in die englischen: Mit der ersten Langrille seit 1996! Damals rechnete man die Band aufgrund ihres Kreuzübers aus Indie-Rock einerseits, Dance-Elementen und klanglichen Neon-Farben andererseits der Manchester-Szene zu.
Das Sextett erfüllte alle stilistischen Kriterien des sogenannten 'Madchester'-Genres. "All Together Now" war eine Anti-Kriegs-Hymne, inspiriert vom Ersten Weltkrieg. Der Track öffnete der Band sieben Jahre nach der Gründung den Weg zu einem Plattenvertrag. Letztlich kamen sie bei Sire unter, der Firma von The Ramones, die Talking Heads, Madonna und K.D. Lang.
"Let The Music (Take Control)" ist nun ein grandioser Titel für eine Comeback-Platte. Alle sechs Bandmitglieder von damals sind wieder am Start. Den ganz großen Wurf landen sie musikalisch zwar nicht, wobei man die Erwartungen tiefstapeln sollte. Denn die Vollendung ihrer selbst lieferten die Jungs vom Mersey-Ufer nie.
In "Breathe" trällert Frontmann Peter Hooton jetzt mehr schief als schön. Und bei den überkommenen Progressive House/Trance-Beats in "World Without You" hätte man mit keinem Revival mehr gerechnet.
"Moment In Time" tappt in die gleiche Falle wie die Lightning Seeds anno 2021. Langweilige Beschaulichkeit funktionierte Anfang der 1990er nur aus ein paar übergeordneten Gründen: In den Fußballstadien hatten solche Bands wegen ihrer Hymnen einen Namen. Zudem klang das Etikett Britpop sexy. Was möglichst britisch klang, weckte Sympathie, selbst wenn es lahm oder simpel war.
Trotzdem begrüße ich, dass The Farm diesen Zehner-Pack an neuen Songs geschnürt haben. In einer Bar kann man das gut hören, auch wenn es nicht allen Gourmet-Ansprüchen an Melodien, Riffs und Grooves gerecht wird. Immerhin gestaltet die Band z.b. die lange, sphärische Ambient-Ballade "Eternity" richtig schön, teils mit Falsett-Gesang. Auch der eingängige Opener "Forever And Ever", ein kompaktes Stück Baggy-Dance-Rock, fährt eine ansprechende Hookline auf.
Der Titelsong "Let The Music (Take Control)", vor bald anderthalb Jahren als Single ins Rennen geschickt, klingt toll. Der Sound der frühen Neunziger haftet der Scheibe allerdings in jedem Moment an, so auch in den halbherzigen Acid-Jazz-Abschnitten im Track "Feel The Love" oder im INXS-Vibe des catchy Tunes "That Feeling". The Farm bleiben sich also mehr als treu. Hierzulande bleibt das Werk erst mal auf Streaming und Import beschränkt.
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