laut.de-Kritik
Und Henrietta dreht sich im Grabe um.
Review von Magnus HesseMit aufgerissenen Augen und gesenkter Kinnlade lässt einen der vierte Wurf der Schotten um Jon Fratelli leider nicht dastehen. Der dritte Anlauf in der Post-Costello-Ära versandet genau so wie sein Vorgänger. Fans, die insgeheim auf eine Wiederauferstehung Henriettas hofften, wohnen hier eher ihrer erneuten Grablegung bei.
Und das obwohl sich die Herren Fratelli wieder mit ihrem Erfolgsproduzenten der ersten Stunde zusammentaten. Tony Hoffer, der unter anderem M83 , Depeche Mode und Belle & Sebastian in seinem Portfolio führt, rüttelte gewaltig am bis dato entstandenen Album-Gerüst. Lediglich zwei Stücke schafften es in Hoffers Recall, der Rest wurde ausgemistet. Ab dann komponierten die Costello-Boys in vier Wochen Workflow den gesamten Langspieler.
Das klingt doch eigentlich nach flutschenden Arbeitsabläufen und inspirierten Jam-Sessions. "Me And The Devil" erinnert auch gleich wieder an den urigen Manegen-Rock, den die Jungs einst prägten. Doch dann betritt mit "Impostors (Little By Little)" auf einmal Texas Lightning das Zirkuszelt, und irgendwo in der letzten Reihe verdrückt ein Cowboy heimlich eine Träne. Muss das sein? Halbherzig heiter geht es auch im deutlich rockigeren "Baby Don't You Lie To Me!" weiter, das die soeben dargebotene Harmlosigkeit mit deftigen Gitarren konterkarieren will. Bis zum biedermeierlichen Mitklatsch-Refrain klappt das auch einigermaßen gut.
"Desperate Guy" kriegt leider auch nicht die Kurve Richtung Two Gallants oder Arcade Fire, sondern kommt ebenfalls lediglich als light-Version einer wehleidigen Folk-Romanze daher. Spätestens hier verabschiedet man sich von der Hoffnung, dass diese Platte sich noch aus der Belanglosigkeit eines Zoobesuchs retten kann. Vor allem nimmt man Jon Fratelli nicht ab, dass er es ernst meint mit diesen dahin geschmissenen Rockabilly-Verschnitten. Als wollten die Glasgower sagen: "Wir wollen eh nicht mehr so klingen wie auf 'Costello Music'".
Dieser Gefahr gehen sie jedenfalls konsequent aus dem Weg. Dabei klingen Bankrotterklärungen der eigenen Kreativität wie "Dogtown", das sich ins Kurzzeitgedächtnis schunkelt, als versuchten sie doch vergeblich, wieder den Charme der alten Tage zu wecken.
So blank wie das Gemälde auf dem Cover präsentiert sich das musikalische Exponat, das abgesehen vom balladesken Highlight "Slow" gefühlt jeden Song auf den selben Klick und mit den selben Harmonien hinrotzt und so mitreißend zum Tanz auffordert wie eine Gelbe Seiten-Oldie-Kapelle auf einem runden Fünfziger. An keiner Stelle wirkt dieses Werk wie eine echte Standortbestimmung. Als hätten die Fratellis der Welt unbedingt mitteilen wollen, was dabei herauskommt, wenn man ein neues Album veröffentlicht, um ein neues Album zu veröffentlichen.
4 Kommentare
Ich hatte gehofft das die nie wieder ne Platte raus bringen
"tongue tied" nicht "tonge tied"
Die ersten beiden Alben waren super, das letzte leider absoluter klischeerotz nach 0815 Formel und dieses ist leider allem Anschein nach auch nicht besser.
Schlechte Rezension! Ein tolles Album und die Band ist auch live sehr gut. Geschmäcker sind verschieden, aber Herr Hesse übertreibt hier ein wenig...