laut.de-Kritik
Hymnischer Folkrock aus der Schweiz.
Review von Ulf KubankeThe Gardener & The Tree starten ihren Erstling "69591,Laxa" zurückgenommen und doch verheißungsvoll. Schon nach den ersten Sekunden wartet man gebannt und harrt einer emotionalen Musikwelle, die prompt herbeiflutet. Das Ergebnis schillert als Rootmusic für die postmoderne Generation.
Vor allem das rauhkehlige Organ Manuel Felders fesselt des Hörers Aufmerksamkeit. Felder bietet die gesamte Bandbreite rostiger Whiskeystimmen auf. Er gibt den nach Zechprellerei duftenden Kneipenlump, den Hobo à la Kerouac, den begabten Storyteller und den sensiblen Beobachter.
Melancholie trifft Partysong, Kummer trifft berstenden Freiheitsdrang. Alles hübsch eingebettet in kumpelhafte Geschichten voll bildhafter Sprache in gelegentlich poetischem Tonfall. Den sinnlichen Sud kleiden die Newcomer des Jahres aus der Schweiz in eine ansprechende Mischung aus Singer/Songwriter-Stoff und hymnischen Folkrock.
Naturgemäß geht so etwas nicht ohne Eklektizismus vonstatten. Im Ergebnis klingt das Album auf sympathische Weise, als spielten Crosby, Stills, Nash & Young Lieder von Bruce Springsteen und hätten dafür Van Morrison und den jungen Tom Waits ans Mikro gezerrt. Auch die wuchtigen MTV-Indie-Folker The Shoulders ("Trashman Shoes") stehen hörbar Pate. Die Stimmen von deren Sänger Michael Slattery und Felder scheinen vom genetischen Gärtner aus demselben Baum geschnitzt. Zum Glück kocht die eidgenössische Botanikertruppe trotz erkennbarer Einflüsse ihr eigenes Musiksüppchen.
Wer sich die schmissige Auskopplung "Postcards" zu Gemüte führt, mag kaum glauben, das The Gardener & The Tree tatsächlich keinerlei konventionelle Noten beherrschen. Jeder Song entwickelt sich aus Gehör, Gefühl und konstant fühlbarer Leidenschaft. Als Anspieltipps empfehle ich die süffigen Rotwein-Nummern "Prison Doors" und "Secret". Ersteres legen sie als Kreuzung aus Marsch und Pianoballade an, die Felder auf seinem Weg zur stimmlichen Dynamitwerdung begleitet. In das vergleichsweise besinnliche "Secret" packt Felder hernach pure Resignation und Trotz. Besser geht es kaum. "I don't mind if I lose myself to the night."
1 Kommentar
Tolle Truppe, auch live sehr zu empfehlen. Ihre Musik hat sich sehr positiv entwickelt und auf diesem Album ist das gut zu entdecken. Wie in der Rezi erwähnt, spielen die Gärtner emotionalen und kernigen Folkrock. Unbedingt reinhören!