laut.de-Kritik

Wie konnten die Röhrenjeans-Träger diese Seite bisher nur verstecken?

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Die Kooks sind wirklich nicht zu beneiden. Schon als sie im Jahr 2006 mit "Inside In/Inside Out" debütierten, brachten sie mit jedem Song der Platte quasi einen Hit hervor. Besser konnte es nicht mehr werden. Und so entschwand sie bald, die Unbeschwertheit, die den sommerlichen Kooks-Songs einst zugrunde lag. Genau wie im September eines jeden Jahres, wenn nordische Winde langsam die Wärme aus dem Land treiben.

Stattdessen macht sich bei der Band musikalisches Grau breit, und die Kooks kühlen sich von der heißen Indie-Hoffnung zur nüchternen Charts-Gruppe ab. Dort stürmen die Engländer von einem Erfolg zum Nächsten.

Das letzte Album "Junk Of The Heart" stellte das dann klar, als die Kooks ihren eindrucksvollen Major-Pop demonstrierten, doch ihren Innovationsgeist genau darin verloren hatten. Von jetzt an also kreatives Abwetzen und irgendwann dann künstlerischer Sellout. Was soll mit einer Band wie den Kooks, immer schon leicht überhypt, denn sonst noch passieren?

Maximo Park machen das ja bereits seit einigen Jahren stets bemüht und kläglich vor, und auch Kollegen wie die Wombats oder die Klaxons – um nur geografisch im Rahmen zu bleiben – zehren immer noch vom guten Ruf erster Stunde.

Wer ohne jegliche Erwartung an die neue Kooks-Platte herangeht, der dürfte sich schließlich ziemlich veräppelt fühlen. Denn "Listen" erscheint zwar im September, zeigt aber imposant, dass die Kooks weit entfernt sind vom eigenen kreativen Herbst. Diese Scheibe sollte man ernst nehmen. Als eindrucksvolles Statement einer Band, in der viel mehr zu stecken scheint, als zuletzt gezeigt.

Zunächst rückt der neue Drummer Alexis Nunez sich und sein Kit auffällig in den Mittelpunkt des Sounds. Er bearbeitet seine Drums weniger dezent als das Gründungsmitglied Paul Garred das die letzten Jahre über tat. Genau das kurbelt die Tracks der Kooks an und katapultiert diese per se über den Status ganz netter Indie-Songs hinaus.

Schon der Opener "Around Town" stellt in dieser Hinsicht eine Ansage für die ganze Platte dar, denn nicht nur hier strukturieren Nunez' treibende R'n'B-Rhythmen auf mitreißende Art. Groovende Bassgitarre und zusätzliche, leicht verschachtelte Rhythmuselemente legen sich meist darüber und kleiden die Stücke in ein sehr spannendes und trotzdem äußerst zugängliches Gewand aus Soul-, Folk-, Dance- und Roots-Sounds.

Ob gospelartige, mehrstimmige Chöre ("Bad Habit") oder mit "Westside" eine cheesige Dance-Hymne, die einen Gruß an Metronomy schickt: Das Album lässt einen stellenweise sprachlos zurück. Wie konnten die Kooks diese Vielseitigkeit, diesen lasziven Charme, der so wenig mit diesen bleichen Röhrenjeansträgern zu tun hat, bis ins Jahr 2014 versteckt halten?

Gut, bei "See Me Now", einer Klavierballade, steht es wieder kurz im Raum, das peinliche Anbiedern an Teenager-Gekreische. Doch "Listen" klingt ansonsten nur nach Queen-Halleluja, nach CCR-Funk, lässt sich davon inspirieren und bleibt dennoch stets wohl dosiert. Bestes Beispiel hierfür ist die Single "Down", die vor erfrischenden Sounds nur so strotzt und sich trotzdem mit knapp zweieinhalb Minuten Länge angenehm zurücknimmt, Raum zur Verkostung der anderen Songs der Platte lässt.

Zehn Songs, die einen großen Twist in der Bandgeschichte der Kooks markieren. "Listen" hinterlässt einen süßen Geschmack auf der Zunge. Nicht nur um der Musik Willen, sondern auch, weil die Kooks sich hier von einer Seite zeigen, von der wohl selbst Kenner nicht ahnen konnten, dass die Musiker aus Brighton sie überhaupt besitzen: Einer Schokoladenseite, um die man sie beneiden darf.

Trackliste

  1. 1. Around Town
  2. 2. Forgive & Forget
  3. 3. Westside
  4. 4. See Me Now
  5. 5. It Was London
  6. 6. Bad Habit
  7. 7. Down
  8. 8. Dreams
  9. 9. Are We Electric
  10. 10. Sunrise
  11. 11. Sweet Emotion

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