laut.de-Kritik

Diese Gitarrenriffs wirken so vornehm und reserviert wie ein englischer Edelmann.

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Spätestens seit ihrem 2012er Longplayer "Given To The Wild" stehen die Maccabees für maßgeschneiderten Indie mit dem Siegel schlichter Eleganz. Mit der neuen Scheibe "Marks To Prove It" stößt der fluffige Brit-Rock der Hauptstädtler aber immer wieder an seine Grenzen. Das sprengkräftige Maccabees-Moment fungiert auch auf Album Nummer vier als Motor in fast jedem Song, dessen Zündschlüssel Drummer Robert Dylan Thomas in Händen hält. Nicht nur wenn's ums gesittete Lärmen geht, sondern auch wenn er auf jede Wendung seitens seiner Mitspieler die richtige Antwort findet.

Sämtliche Facetten des Tremolo, hallender Hintergrundgesang und die mondäne Stimme von Orlando Weeks, deren Duktus immer wieder an Editors-Sänger Tom Smith denken lässt und deren Ruhe dem rastlosen Getrommel und den flotten Gitarrenläufen Halt gibt - diese Zutaten prägen gleich den post-punkigen Opener, der über eine Smiths-ähnliche Bassgitarre auf den wuchtigen Refrain zusteuert, Tempi variiert und inmitten dieses Ritts fast in chromatischem Chaos untergeht.

Bei all dieser Divergenz wirkt der Sound aber dennoch stets aufgeräumt. Und zwischendurch eröffnet das Quintett auch leere, stille Klangräume. Etwa im getragenen "Silence", das sich der Euphorie entzieht und bereits das Lichtermeer aus gezückten Fan-Feuerzeugen aufflackern lässt. Fern und nah zugleich ertönen Weeks Wehgesänge über morbidem Klavier, an das sich kaum merklich Gitarrenatmosphären lehnen.

Abgelöst wird die Ode an die Stille von einem kessen Saxophon, das unverfroren loströtet. Und nein, die Insulaner versuchen sich mit ihrem "River Song" nicht an einer peinlichen Elektro-Swing-Nummer, mit der sich dieses Instrument seit einiger Zeit hauptsächlich assoziieren lässt. Im Gegenteil schlittert das Stück im Down-Tempo in die passende Albumlücke und plustert sich stetig weiter auf. Verflogen scheint die Trübnis jedoch nicht. Insgesamt paart sich auf "Marks To Prove It" die Unbeschwertheit stets mit einer tiefer schwingenden Frequenz des Schwermut, das gepflegte Gitarrenriff wirkt da so vornehm und reserviert wie ein englischer Edelmann.

Und Bläser bleiben weiter ein Thema. Im melancholisch wie melodiösen "Slow Sun" und dem vor wohliger Ekstase und Soundwalls dröhnenden "Something Like Happiness" mischen Trompeten mit und füllen neben Keys und Streichern das breit gespickte Instrumentarium weiter auf. Die gründliche Produktion sorgt dafür, dass das Treiben nicht in einem opulenten Sound-Matsch mündet, sondern stets stimmig zusammen schwillt.

Und genau dieses Kulminieren bis zum Implodieren beherrschen die Herren wie kaum eine andere Band. "WW1 Portraits" verzückt entgegen der an den Titel geknüpften Erwartung mit einer lieblichen Strophe, die in Leierkasten-Rhythmik eher nach Jahrmarkt denn nach Weltkrieg klingt, nur um nach einem Break die ganz großen Flutlichter anzuwerfen. Bass und Gitarren-Sirenen werfen sich da den Ball zu und erinnern in Intensität an den Pomp-Pop vom Stück "Go" des Album-Vorgängers.

Der "Dawn Chorus" mit einem geradezu weise wirkenden Weeks-Gesang und heroischen Bläser-Fanfaren weist schließlich den Weg ins Ungewisse. Gesetzter, und frei von Hetze betört das süßliche Geklimper über die wiederholte Phrase "break it up to make it better" bevor ein einsetzender Elfen-Chor den Hörer verführt. Klingt absurd, hört sich aber gar nicht so an. Viel mehr zeigt sich darin, mit welcher Selbstverständlichkeit diese Gruppe mittlerweile Widersprüche vereint.

Trackliste

  1. 1. Marks To Prove It
  2. 2. Kamakura
  3. 3. Ribbon Road
  4. 4. Spit It Out
  5. 5. Silence
  6. 6. River Song
  7. 7. Slow Sun
  8. 8. Something Like Happiness
  9. 9. Ww1 Portraits
  10. 10. Pioneering Systems
  11. 11. Dawn Chorus

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