laut.de-Kritik
Extrovertierter Zwilling zum introvertierten Vorgänger.
Review von Yan VogelDie Elster ist ein possierliches und fürsorgliches Flattertier aus der Familie der Rabenvögel, bekommt aber vom gemeinen Volksmund häufig das Adjektiv diebisch verpasst. Jetzt unterstellen viele dem amerikanischen Southern Rock-Flaggschiff The Magpie Salute Diebstahl in zweifacher Hinsicht. Einmal habe man sich am Erbe der Black Crowes vergriffen, der Ex-Band von Bandleader Rich Robinson. Zweitens plündere man die eigene Resterampe - steht doch ein Jahr nach "High Water I" bereits der Teil zwei in den Startlöchern.
Die Roots-Rocker nehmen Platz am "Beggars Banquet", essen mit ihren "Sticky Fingers", geben sich den Illusionen des wohl nüchtenrsten aller Gunners, Izzy Stradlin, hin, wie er es mit "Dust n Bones" oder "14 Years" formulierte und haben selbstredend Country, Blues und Southern Rock der Marke Allman Brothers oder Lynyrd Skynyrd im Blut. Hymnisch erhebend in zerschlissenen Klamotten wie Pearl Jam gepaart mit einer krautig verqueren Spielfreude, die von viel Livejam-Erfahrung kündet.
Der erste Teil steckte mit dem Kopf noch in den Wolken und atmete würzig psychedelischen Nebeldunst ein. Der zweite Teil fällt nun deutlich bodenständiger aus: Dabei profitiert der extrovertierte Zwilling des introvertierten Vorgängers von der gemeinsamen Entstehungszeit. Durch die ausgiebige Touraktivität im vergangenen Jahr ging die Band fokussiert zu Werke und ergänzte das Material um drei Neukompositionen.
Das Gitarren-Duo Robinson/Ford harmoniert und ergänzt sich besser als zu seligen Crows-Zeiten. Sänger John Hogg legt eine beeindruckende stimmliche Bandbreite an den Tag. Komplettierte das Band auf dem Debüt ein Backround-Sängerinnen-Trio, greifen The Magpie Salute erneut auf eine externe Sängerin zurück.
Den Country-Anteil in "Lost Boy" hievt Alison Krauss mit Stimme und Geige auf ein höheres Level. Hervorzuheben ist zudem das fantastische Pianospiel Matt Slocums, das den harten wie zarten Momenten Vielfalt und Brillianz verleiht. Selbst die schwülstigen Orgeltupfer passen ins dynamisch hervorragend austarierte Soundbild.
Daneben bleibt noch Zeit für eine zünftige Brasseinlage ("In Here"). Roots-Rock und Revolution schließen sich ja bekanntlich aus. Wer den Statuen der Vergangenheit eine Politur spendiert, statt nur die Patina zu verwalten, hat dennoch sein Ziel erreicht.
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