laut.de-Kritik

Besinnliche Kleinode im folk-poppigen Gewand.

Review von

Es gibt Bands, die man so lieb gewonnen hat, dass sie aus der eigenen Plattensammlung nicht mehr wegzudenken sind. Häufig sind das Platten fernab vom Mainstream und den Charts, weniger bekannte, die musikalisch genau das abliefern, was uns auf unergründliche Weise berührt. Und das immer wieder.

Für mich sind die Mountain Goats mit dem kauzigen, exzellenten Songschreiber und Sänger John Darnielle eine solche Band. Mit "The Sunset Tree" haben sie 2005 – nach unzähligen Lo-Fi-Aufnahmen - ein fantastisches Folk-Pop-Album abgeliefert, das weithin als Meisterwerk gefeiert wurde und die Band endlich mehr ins Licht der Öffentlichkeit rückte.

Mit Gitarren, Bass, dezentem Schlagzeug, Cello und Piano ist die Basis-Instrumentierung auf "Get Lonely" dieselbe geblieben, nur die Stimmung hat sich leicht verändert. War "The Sunset Tree" mitunter eine fröhliche Platte, die offensichtlich das Austreiben persönlicher Dämonen zum Thema hatte, klingen die zwölf Songs auf "Get Lonely" wie die Nachwehen, geprägt von bittersüßer Schwermut, aber nicht minder schön. Man lässt sich liebend gerne darauf ein, weil die Tragik nie ausweglos klingt.

Der Opener "Wild Sage" weist die Richtung: leise Klavierakkorde und ein Bass ergänzen die sanft geschlagene Gitarre bevor die unnachahmliche, brüchige Stimme John Darnielles einsetzt und sich in ungeahnte Höhen erhebt. Und jederzeit bleibt es ungemein entspannt. "New Monster Avenue" beginnt mit einem jazzigen Schlagzeugintro. Der Song mutet zuerst dissonant an, aber gleich darauf offenbart sich die große Gabe Darnielles, immer wieder diese wunderbar verhaltenen Melodien aus dem Ärmel zu schütteln.

Im folgenden "Half Dead" kommen dann eine E-Gitarre und ein weich gesetztes Vibraphon zum Einsatz, in "Get Lonely" gesellt sich zu der gezupften Gitarre das Cello. In "If You See The Light" werden die Musiker lauter und eine Trompete bereichert das Arrangement. So nimmt das Album seinen überaus angenehmen Lauf, auf qualitativ hohem Niveau. Und Darnielle hat nach wie vor den unwiderstehlichen Drang, uns seine Geschichten zu erzählen, mal ironisch, mal schwarzhumorig oder traurig, und immer authentisch.

"Noone watched behind my ears / high in the trees / alone for years / practising my solitary scales / 'til they grow heavy / too heavy to carry / watching them go / where they will go", singt er in "Song For The Lonely Giants", und ich tauche gerne ein in die musikalische Welt seiner Befindlichkeiten, die Tragik, Traurigkeit, Einsamkeit und den stets anwesenden Hoffnungsschimmer.

"Get Lonely" ist mit seinen zwölf Songs ein besinnlich-schönes Album, das meine CD-Sammlung aufgrund der warmen Instrumentierung, der angenehmen Produktion und natürlich der stimmlichen Präsenz von John Darnielle um ein zauberhaftes Werk bereichert. Wer Lambchop, Granfaloon Bus oder Okkervil River mag, dem seien die Mountain Goats wärmstens empfohlen.

Trackliste

  1. 1. Wild Sage
  2. 2. New Monster Avenue
  3. 3. Half Dead
  4. 4. Get Lonely
  5. 5. Maybe Sprout Wings
  6. 6. Moon Over Goldsboro
  7. 7. In The Hidden Places
  8. 8. Song For Lonely Giants
  9. 9. Woke Up New
  10. 10. If You See Light
  11. 11. Cobra Tattoo
  12. 12. In Corolla

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