laut.de-Kritik

Die Songs gehen im Tränen-Pool baden.

Review von

"It never rains in California". Von wegen! Der Trübsinn in Albumlänge, den The Neighbourhood dem Hörer mit ihrem Zweitwerk "Wiped Out!" auf die Lauscher drücken, erinnert wenig an den Sunny State. Das ihr aktuelles Werk nicht den Soundtrack für einen ausgelassenen Strandausflug bereit stellt, machen sie schon im Opener klar, der nur aus aus 30 Sekunden Stille besteht. "A Moment Of Silence" für die gute Laune, die sich nach einem Durchlauf des Longplayers garantiert verabschiedet hat.

Die fünf Jungs aus Newbury Park verpacken große Gefühle in düstere Klangkulissen. Dumpf pochende Drums, unaufdringliche Gitarren und Synthesizer für einen Hauch Dramatik. Anfangs macht das Klangbild neugierig, es klingt frisch und stimmig. Spätestens nach dem vierten Track wünscht man sich aber, dass der wolkenverhangene Himmel endlich mal aufklart. Meine Güte, Leute. Ihr hattet anscheinend echt harte Trennungen hinter euch.

Sänger Jesse Rutherford fleht und jammert sich durch Herzschmerz und verlorene Liebschaften. Selbst wenn der gebeutelte Kerl sich mal verliebt, entsteht daraus ein mittelschweres Drama, wie er in "Cry Baby" deutlich macht: "I know I'll fall in love with you, baby / And that's not what I wanna do / I hope you won't ever lie to me / And if you do, I know I won't be your cry baby". Das mag sein. Die Heulsuse lässt er lieber in seiner Musik raushängen.

Der Titeltrack "Wiped Out!" fährt auf derselben Schiene weiter: Tempo raus. Das gilt sowohl für die Geschwindigkeit als auch für den bekannten Hersteller von Taschentüchern. Für sich alleine genommen gibt das Stück einen stimmungsvollen Begleiter für die kurzen Herbsttage ab. Emotionaler Gesang trifft auf klagende Synthies. Hätten sie bloß den Chipmunk-Background im Mittelteil weggelassen! Trotzdem erschaffen The Neighbourhood hier mit einer raffinierten Songstruktur den Höhepunkt des Albums.

Leider versumpft dieser zwischen all den gleich klingenden Schmachtfetzen. "The Beach", "Daddy Issues" und "Greetings From Califournia" baden allesamt im gleichen Tränen-Pool. Nachdem sie ihr Album mit einer Schweigeminute begonnen haben, lassen The Neighbourhood es mit einer Beerdigung enden. In "R.I.P. 2 My Youth" begräbt Rutherford seine Jugendjahre und die Hoffnung auf einen positiven Abschluss gleich mit.

The Neighbourhood schreiben einen guten, gefühlvollen Song, der mit stimmungsvollen Arrangements überzeugt. Diesen duplizieren sie elfmal und bringen das als Album heraus. Mit mehr Abwechslung wäre da definitiv mehr drin gewesen.

Trackliste

  1. 1. A Moment Of Silence
  2. 2. Prey
  3. 3. Cry Baby
  4. 4. Wiped Out!
  5. 5. The Beach
  6. 6. Daddy Issues
  7. 7. Baby Came Home 2/Valentines
  8. 8. Greetings From Califournia
  9. 9. Ferrari
  10. 10. Single
  11. 11. R.I.P. 2 My Youth

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