laut.de-Kritik
Einmal traurig lächeln, bitte!
Review von Franz MauererSind The Smile für Radiohead das, was Grinderman für Nick Cave & The Bad Seeds war? Der endgültige Aufbruch weg von der Band hin zur duopolistischen Zusammenarbeit zwischen Thom Yorke und Jonny Greenwood - wobei man Nigel Godrich als Produzenten in dieser Zusammensteollung wohl nicht ernsthaft unberücksichtigt lassen darf. Tom Skinner, der Schlagzeuger, der zumindest in ihren Ansätzen oft tollen Jazzcombo Sons Of Kemet, darf hier auch noch mitmischen und zum Gesamtkonstrukt The Smile beitragen.
Das Ergebnis hört auf den Namen "A Light For Attracting Attention" und atmet bereits im Opener "The Same" tief Atoms For Peace ein. Ein atmosphärisches, flirriges Synthie-Stück, mit einem Klavier als Kontrapunkt und leichten Verzerrungen an allen Ecken und Enden. Yorke schmachtet dem Hörer links und rechts um die Ohren, bevor er mit "The Opposite" einen rockigeren Vertreter ins Rennen schickt. Die Gitarren gniedeln verschlungen um die Wette, verweigern die Erlösung aber ein ganzes Stück weit zu vorhersehbar. Schnell erkennt man: Tempo wird auf "A Light For Attracting Attention" nicht gerne innerhalb eines Tracks variiert. Dementsprechend zieht "You Will Never Work In Television Again" ab Sekunde eins mit der Faust in der Tasche rasend von dannen, hinterlässt zusammen mit "The Opposite" und dem folgenden "Pana-vision", das über ein Plätschern auf hohem Niveau nicht hinauskommt, den am wenigsten nachhaltigen Eindruck des Albums.
"This article is a stub" würde Wikipedia an dieser Stelle von "A Light For Attracting Attention" dazu sagen. Vielleicht ist das die Antwort auf das Wesen von The Smile. Ist es eine Liveband? Und "A Light For Attracting Attention" nur eine Blaupause für ausufernde Jams? "The Smoke" eröffnet allerdings den Reigen interessanterer Songs, basierend auf einer einzigen, konsequent durchgezogenen Gitarrenfigur. Das Aufbäumen in der Mitte bleibt kurzatmig. Auch "Speech Bubbles" setzt auf ein ganz ähnliches Konzept, geht allerdings gekonnter auf. "Thin Thing" ist dann der dritte in der Reihe, der es ähnlich gut wie sein Vorgänger und eine Spur zackiger macht.
Bei "Open The Floodgates" nehmen die Grinser Tempo raus. Spätestens hier wird klar, wie simpel das Wesen von "A Light For Attracting Attention" tatsächlich ausfällt. Jeder Song dieses Albums hängt an einer einzigen Gitarren- oder Synthesizerfigur, die an sich allerdings zumeist vollends überzeugt. Die Frage ist, wie um diesen Kern herum gearbeitet wird und wie sehr bzw. wie weit der Kern den Rest tragen kann. Bei "Free In The Knowledge" ist Yorkes Stimme das etwas allein gelassene Element, bei "Waving A White Flag" ist es ein sehr gelungener, erdiger Loop. Selten erreicht das Konzept solche Höhen wie "A Hairdryer", wo sich Yorkes und Greenwoods Stimmen und Gitarren übereinanderlegen und gemeinsam neue Höhen erklimmen. Aber auch hier wirken The Smile nicht neu und vor allen Dingen nicht mutig, sondern routiniert in ihrem starren Ansatz, selbst beim dynamischen Rocker "We Don't Know What Tomorrow Brings".
Die Homogenität und Schlichtheit von "A Light For Attracting Attention" machen es zu einem hervorragenden Soundtrack für nächtliche Autofahrten. Ein simpler, ständig fließender Bastard aus Atoms For Peace, "Hail To The Thief" und dem Gefühl und der grundsätzlichen Soundauffassung von "In Rainbows". "A Light For Attracting Attention" ist vor allem eine slicke und tief atmosphärische Angelegenheit, die die Mängel im Songwriting aber nicht übertünchen kann und mit Schwachstellen wie "Free In The Knowledge" aufwartet. Live kann man das bestimmt toll dekonstruieren und 20 Minuten ausfasern lassen, in dieser Form ist es fad. Versöhnlich verabschiedet das Albumhighlight "Skrting On The Surface", eines der schönsten traurigen Lieder von Yorke. Der ganz große Gestus eines "Pyramid Song" fehlt, aus dem Albumrahmen bricht auch der Abschied nicht aus. The Smile können dem Kosmos um Radiohead wenig Neues hinzufügen.
10 Kommentare mit 6 Antworten
Ist locker 4/5.
Starkes Album was auch dierekt von Radiohead kommen könnte.
ich krieg ja den Eindruck Ihr *wollt* diese Sure-Shot-Alben doof finden: Beach House 3/5, Arcade Fire 3/5 und das hier jetzt auch. Auf dem Album finden sich alle erdenklichen Taktarten, da von fehlendem Mut beim Songwriting zu sprechen...ich weiß ja nicht. Ich werd's mir noch ein paar mal geben, ist sicher ein grower-Album. Thin Thing ist auf jeden in meiner Top Ten des Jahres
Besonders toll finde ich die Scheibe auch nicht, da stimme ich Franz Mauerer zu. Aber das, was er als schwächsten Song bezeichnet, ist für mich der große Lichtblick nach dreimaligem Durchhören. Free in the knowledge ist ganz klassisch Thom Yorke/Radiohead.
Top Album. Klar 5 Sterne.
#NichtMeineKuhkatze
Nette Radiohead-Filliale
Großes Albung.