laut.de-Kritik
Loser-Geschichten aus der Großstadt, Teil 2.
Review von Tobias KrausDVD vergessen, Akku vom Handy leer, Tee mit Mum geplatzt, Kohle futsch. Pillengeschmack im Mund, Bier oder Brandy, Wette verzockt, die Freundin will ihren Wohnungsschlüssel zurück. Erst mal noch einen rollen. Willkommen in der Welt des Mike Skinner Teil 2.
Gut zwei Jahre nach dem Debüt "Original Pirate Material" nun also "A Grand Don't Come For Free". Und wieder lässt uns Skinner an seiner Süd-Londoner Realität teil haben, vielleicht ist er nicht mehr ganz so aufgewühlt wie bei seinem Erstwerk, ehrlich und real ist er allemal.
Die Geschichten, die er erzählt, passieren so oder so ähnlich schätzungsweise Millionen britischer Großstadtjungs, nur hat Skinner das Talent, sie in Reimform auf den Punkt zu droppen. Manchmal irgendwie strange und eigentlich doch stinknormal. Keine hohlen Selbstbeweihräucherungs-Ergüsse, kein stereotypes Gefasel von Gangs, Chicks und Crime wie es viele seiner Sprechgesangs-Kollegen in 2Step, Grime und Hip Hop zu tun pflegen. Anstatt mit dem dicksten Bimma um den Block zu cruisen, glotzt Skinner bei seiner Freundin Fußball, sein eigener Fernseher ist nämlich kaputt.
Und anstatt darüber zu fabulieren, in welcher In-Disse es den besten Champagner gibt, lässt er uns an seinem Unmut über überlaufende Klos, fehlenden Handyempfang und der Entscheidung zwischen Brandy und Bier teilhaben. Häufig schlackern die Beats irgendwo zwischen Hip Hop und Garage, vor allem macht Skinner auf "A Grand Don't Come For Free" einen deutlichen Schritt in Richtung Harmonien und Songwriting. Die Vorabsingle "Fit But You Know It" führt in seiner rockigen Ausrichtung jedoch etwas auf die falsche Fährte. Analog zu den nachdenklichen Ausführungen in seinen Lyrics schlägt er nun durchaus auch ruhigere, melodische Töne an, das brit-soulige "Dry Your Eyes" spricht für sich.
Aber trotz der musikalischen Entwicklung, die der Londoner durchlaufen hat, klackern und schieben oftmals Beats unter den Lyrics, die man als "typisch The Streets" bezeichnen kann: Leicht irre musikalische Achterbahn-Fahrten, die sich durch ihre Sounds und Richtungswechsel jenseits ausgetretener Pfade bewegen. Wie schon bei seinem Erstling kann man sich auch bei "A Grand Don't Come For free" nicht des Eindrucks erwehren, dass Mike Skinner einfach nur das macht, worauf er Bock hat, und Schubladendenken in Sachen Musik sein Ding nicht ist.
Aber gerade das macht The Streets unverkennbar, die Slang-geschwängerten Vocals tun ihr übriges - so tönt nur einer. Ob er allerdings mit Album Nummer Zwo sein Erstwerk zu toppen vermag, sei dahin gestellt. Mit Sicherheit ein wichtiges, interessantes Album, das man sich auf alle Fälle zu Gemüte führen sollte. Es jedoch vorab zu einem der zehn wichtigsten Alben des Jahres hochzujubeln, ginge dann doch zu weit.
22 Kommentare
Ab heute ist die neue Streets draußen. Da ich sie seit Samstag habe, kann ich hier meine absolute Kaufempfehlung abgeben. Käme nicht diesen Monat noch die neue Morrissey, wäre dies mein Album des Monats... großartig!
Mike Skinner würde man auf den ersten Blick eher für einen englischen Durchschnittsproleten halten als für ein musikalisches und lyrisches Genie - das witzigste ist aber, dass er beides in sich vereint. Skinner erzählt uns fabelhafte Geschichten aus seinem kaputten Alltag, ein Poet des Proletariats sozusagen. Und dabei ist er so unverwechselbar britisch, was nicht nur an seinem Akzent liegt. Musikalisch hat er sich seit "Original Pirate Material" von 2Step/Garage etwas entfernt und sein Spektrum erweitert. Ab und zu gibts sogar mal ne Gitarre (bitte trotzdem keinen melodischen Pop erwarten). "Fit but you know it" (auf Dauerrotation im Musikfernsehen) ist ganz klar der Kracher des Albums, ein wahnsinnig abgehender Song. Der Rest ist um einiges langsamer, was schade ist, ein oder zwei mehr solcher Kracher hätte das Album gut vertragen können, muss aber nicht. Ist auch so ganz toll. Bei 2,3 Songs hätte ein bisschen weniger rumgesungen werden können, Mikes Sprechgesang (nein, kein Rap, er spricht halt nur irgendwie) ist da schon toller. Kleine Minuspunkte dafür, kratzen aber nur am Lack.
Diesen Monat also mit Morrissey und Mike das große britische Duell Gentleman gegen Assi. Aber wer ist schon nur eines davon? Also... beides kaufen!
Was denn? Die Qualität des Albums oder der letzte Absatz (ist natürlich sehr überspitzt, war ja auch schon spät gestern)?
Naja ok, ist halt schon gewöhnungsbedürftig, kann ich verstehen, wenn mans nicht mag. Aber der Hype war viel stärker bei der ersten, und jetzt hat er meiner Meinung nach sehr gut nachgelegt.
Wovon soll "Fit" denn geklaut sein?
@TheCelticRise (« Herr Kraus,wasch Dir mal die Ohren! »):
By a lonely prison wall, I heard a young girl calling
"Michael, they have taken you away,
For you stole Trevelyan's corn,
So the young might see the morn.
Now a prison ship lies waiting in the bay."
Chorus:
Low lie the fields of Athenry
Where once we watched the small free birds fly
Our love was on the wing
We had dreams and songs to sing
It's so lonely round the fields of Athenry.
By a lonely prison wall, I heard a young man calling
"Nothing matters, Mary, when you're free
Against the famine and the crown,
I rebelled, they cut me down.
Now you must raise our child with dignity."
By a lonely harbor wall, she watched the last star falling
As the prison ship sailed out against the sky
For she lived to hope and pray for her love in Botany Bay
It's so lonely round the fields of Athenry.
vollkommen unpassendend
ich hab das album schon geschätzte 4 jahre,trotzdem hab ichs mir heute erst zum ersten mal richtig durchgehört
"could well be in" fickt jeden hip hop track den ich bisher gehört hab,der lakonisch und gleichzeitig melancholisch klingen will.
The Streets - A Grand Don't Come For Free als Playlist mit Crossfader auf DEZIBEL:
http://dezibel.wearedefault.com/index.php?…
cheers!