laut.de-Kritik
So wird gerockt!
Review von Kai ButterweckNach den Rival Sons hat sich das ehemalige Hartholz-Label Earache Records mit The Temperance Movement vor gut zwei Jahren die nächsten Classic-Rock-Senkrechtstarter ins Boot geholt. Ein Album und zahlreiche Live-Highlights später, darunter zwei fulminante Stadionshows im Vorprogramm der Rolling Stones, ist man sich beim Label sicher: Diese Zusammenarbeit wird noch viele weitere Früchte tragen.
Mit viel Dreck unter den Krallen und reichlich Rotz in der Kehle groovt sich ihr zweites Album "White Bear" ein. Ein markanter Rhythmus, klassische 70s-Rock-Gitarren und regelmäßige Tempowechsel bilden das Fundament, auf dem die Stimme von Sänger Phil Campbell durch die vergangenen vier Rockjahrzehnte röhrt ("Three Bulleits"). Der gute Mann an vorderster Front hats aber auch drauf: Zwischen Erinnerungen an David Coverdale und Robert Plant pendelnd, macht er völlig zurecht auf dicke Hose.
Auch im weiteren Verlauf des Albums funktioniert das Zusammenspiel zwischen vorne und hinten wie ein Uhrwerk. Während der Background ein musikalisches Brett nach dem anderen auffährt, kehrt Phil Campbell sein Innerstes nach außen.
Sicher, der eine oder andere Filler animiert eher zum Bierholen als zum Mitwippen. Songs wie der monotone, auf einer durchgehenden Frickelmelodie galoppierende Midtempo-Rocker "Oh Lorraine" oder das hippieske, an die Black Crowes erinnernde "Magnify" laufen in jeder zweitklassigen Rockerbar rauf und runter, ohne dass sich vor oder hinter der Theke auch nur ein Kopf bewegt. Der Großteil jedoch versetzt Freunde uriger Rocksounds aus dem Jahrzehnt der Schlaghosen und Koteletten in einen nicht enden wollenden Rauschzustand.
Die Produktion klingt satt. Die Leidenschaft, mit der die Verantwortlichen zu Werke gehen, erscheint beinahe greifbar. Zudem glänzt das Quartett mit einem ausgeprägten Gespür für Dynamik. Immer wieder stehen schnellen und lauten Passagen alles wieder ins Lot bringende Ruhephasen zur Seite. Der Finger klebt förmlich an der Repeat-Taste, wenn das Kollektiv alles, das seinerzeit Led Zeppelin, Deep Purple und Co. groß machte, in die Neuzeit transportiert ("Modern Massacre", "Battle Lines", "White Bear").
Neben dem erbrachten Beweis, dass The Temperance Movement jedes Stadion dieser Welt in Grund und Boden rocken, beeindrucken die Londoner zudem noch in der schwersten Disziplin der Branche: Auch die Balladenhürde nehmen sie spielend leicht. Mit viel Gefühl und Tiefe schmiegt sich Campbells Gesang an wahlweise sich aufplusternde ("A Pleasant Peace I Feel") oder mystisch wabernde Sounds ("I Hope I'm Not Losing My Mind"). Alles drin. Alles dran. Passt und knallt. So wird gerockt!
3 Kommentare mit 2 Antworten
"Die Produktion klingt satt."
"Sicher, der eine oder andere Filler animiert eher zum Bierholen als zum Mitwippen."
Ja was den nun? Weil 2 von 10 sind nicht viele Filler. Ansonsten kann ich das Review so stehen lassen.
Gruß Speedi
Wobei für mich persönlich ausgerechnet "Oh Lorraine" einer der stärksten Songs auf dem Album ist... Und "Magnify" hat es auch nicht wirklich verdient, hier einfach so als Filler abgekanzelt zu werden...
Wow, hab bis jetzt erst 3 Songs gehört. Ich bin begeistert. Super Sound, top Rockmusik. Dito mit der Rezi
Die Junx roggen excelent ,..
Ich bin mit der Betrachtung der Produktion nicht ganz einverstanden, das klingt für mich teilweise nicht unmittelbar und natürlich übertragen, insbesondere bei den lauteren Passagen. Die Stärke zieht das Album definitiv in den ruhigeren Momenten, etwas mehr Feinschliff hätte gut getan !