laut.de-Kritik

Nichts Neues vom Ende der Welt.

Review von

Radiohead liegen seit mittlerweile acht Jahren auf Eis. Kein schöner Umstand für Fans, dabei existiert die Band in sämtlichen Solo- und Seitenprojekten weiter. Egal ob The Smile oder andere Projekte, so wirklich weit vom derzeit inaktiven Mutterschiff bewegt sich keines der Bandmitglieder. Im Grunde genommen haben wir bereits das elfte Radiohead-Album, aufgeteilt in kleine Puzzle-Teile. "A Moon Shaped Pool" klang bereits mehr nach einer Kompilation und nicht mehr nach einem wirklichen Bandalbum. Die Wurzeln zu den Alternative-Rock-Wurzeln kappten sie schon in den Nullerjahren, auch "Confindenza" schert sich einen Teufel um Rockmusik und wabert im Electro-Jazz-Nebel umher. Der große Unterschied zu den einstmals radikalen Kid A Mnesia-Werken bleibt, dass der Sound mittlerweile erwartbar daher kommt. Nimmt man es ganz genau, war Mark Hollis mit Talk Talks Klassik-Ambient Melange "Laughing Stock" schon viel früher dran.

Der Name Thom Yorke steht wie eine Trademark für ätherischen Gesang und jazzige Electro–Ambient-Samples. Das Artwork wirkt ebenso vertraut: Ein einsames Menschlein inmitten einer abstrakt-bedrohlichen Ölfarben-Landschaft. Die Prämisse von "Confindenza", verlorenen gegangenes Vertrauen, passt natürlich auch hervorragend zum Mindset des notorischen Weltpessimisten Yorke. Radiohead schrieben bereits in den Neunziger die Anleitung zum Weltuntergang. Auch "Confidenza" klingt wie der Wachtraum eines depressiven Androiden. Nichts Neues vom Ende der Welt also. Ein Song wie "Knife Edge", mit seinen traurigen Blasinstrumenten und dem intimen Wehklage von Thom, ist kein signifikanter Unterschied zu seinen vorigen Alben. In sich zurückgezogene Musik, die dem Mainstream nahezu feindlich gesonnen scheint.

Domenico Starnone, der Autor des Bestsellers und Filmvorlage von "Confidenza", beschrieb es in einem Interview wie folgt: "Literatur muss weh tun", und fügte noch ein Zitat von Kafka über seinen Ethos an: "Bücher schreiben, die wie eine Axt sind, die die gefrorene Brust, das gefrorene Meer in uns zerbricht". Auch der Regisseur Daniele Luchetti, mit dem Yorke nach der Doku "Codice Carla" nun zum zweiten Mal zusammen arbeitet, verfolgt den Ansatz, das Publikum in einen andauernden Unsicherheitszustand zu versetzen. Der Auftrag des eigenwilligen Regisseurs: Das Angenehme in das Unangenehme verwandeln. Für keine andere Arbeit dürfte der Radiohead-Sänger prädestinierter sein. Autor, Musiker und Regisseur verfolgen auf unterschiedlichen Gebieten einen gemeinsamen Ansatz.

Sollte "Confidenza" also das Seelenleben seiner unglücklichen Protagonisten oder der Umgebung spiegeln, so bewegen sich diese zeitweise in einer Sergei Prokofjew-Stresssituation ( "A Prize Giving"), apathischer Ambient-Trauer ("Secret Clarinet") und dem endgültigen Kontrollverlust im Freejazz-Finale "On The Ledge". In Unkenntnis des Romans und des in Deutschland noch gar nicht veröffentlichten Films lässt sich jedenfalls über den Soundtrack sagen: Angenehm klingt tatsächlich anders. Im Titeltrack hallt minutenlang ein stark verlangsamtes Vocal von Yorke an, während Streich- und Zupfinstrumente die beklemmende Atmosphäre verstärken. Was auch immer an diesen Momenten im Film stattfindet, es vermittelt nicht den Eindruck von Glück und Friedlichkeit. Aus der Sicht des Regisseurs bleibt die Umsetzung seiner Bildsprache zur vollsten Zufriedenheit erfüllt. Fans von Radiohead und Yorke erwartet dagegen nichts Neues.

Trackliste

  1. 1. The Big City
  2. 2. Knife Edge
  3. 3. Letting Down Gently
  4. 4. Secret Clarinet
  5. 5. In The Trees
  6. 6. Prize Giving
  7. 7. Four Ways In Time
  8. 8. Confidenza
  9. 9. Nosebleed Nuptials
  10. 10. Bunch Of Flowers
  11. 11. A Silent Scream
  12. 12. On The Ledge

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2 Kommentare mit 28 Antworten

  • Vor 7 Monaten

    noch mehr gejammer an der radiohead Front. Nicht nötig, das alles.

  • Vor 7 Monaten

    Gibt nichts was mehr überbewertet wird als Thom Yorke und Radiohead.

    • Vor 7 Monaten

      Man muss sie ja nicht mögen, aber überbewertet sind beide überhaupt nicht.

      Möglicherweise muss man Musiker sein, um die Brillanz der Radiohead-Alben angemessen erfassen und würdigen zu können.

    • Vor 7 Monaten

      Bin Musiker und finde die Sachen trotzdem furchtbar.

    • Vor 7 Monaten

      Ich bin Musiker und denkst du, ich kann Noten lesen? Nein!

    • Vor 7 Monaten

      Ich hab mal in ner Schulaufführung der Klasse 8a diesen Fisch gespielt, auf dem man mit einem Holzstab langratschen kann, und dieses Erlebnis hat mir Radiohead gegenüber die Augen geöffnet. Schöne Zeiten waren das. Müsste jetzt auch schon wieder ca zwei Wochen her gewesen sein und seitdem sieht man auch deutlich mehr Sicherheitspersonal am Schulgelände.

    • Vor 7 Monaten

      @Valle: Und?

    • Vor 7 Monaten

      @ntrlydbsp: was sind den so deine musikalischen Ergüsse wenn das hier so furchtbar ist?

    • Vor 7 Monaten

      Radiohead ist schon so eine Sache. Die Zeitgenossen, die Radiohead sehr feiern, sind oft genau die, welche mir die Band vom Radar verschwinden lassen. Die sind halt verkörperter melancholischer Alternative-Art-Pop-Rock - als solche eine Einstiegsdroge für sehr viel spannende, nischige Musik. Als solche werden sie oft von langweiligen Menschen genutzt, um sich mittels Musikgeschmack interessant zu machen.

      Wann immer ich dann aber zwischendurch mal einen Song oder eine Platte höre, bin ich jedes Mal von Neuem weggeblasen, wie enorm gut das ist. Also wirklich alles daran. Bass, Schlagzeug, Gitarre, Tasten, Vocals, Songwriting, Rhythmen, Arrangements. Muss natürlich überhaupt nicht dem eigenen Geschmack entsprechen, aber man kann Radiohead nicht hassen, ohne sich musikalisch zum Affen zu machen.

    • Vor 7 Monaten

      Erster Absatz Quatsch, der zweite on point.

    • Vor 7 Monaten

      Erster Absatz on point, der zweite Quatsch.

    • Vor 7 Monaten

      Der erste Absatz besteht aus den typischen Ragismen darüber, wie Menschen angeblich ticken. Spekulativer Blödsinn halt. Das ist einer (Ironie an) definitiiiiv nicht confirmation biased. ;-)

      Wer schonmal aus der Salzmine in die reale Welt getreten ist, weiß zum Beispiel, dass langweilige Menschen nicht versuchen, sich durch nischige Musik zu profilieren. Dass sie sich dafür nicht interessieren, macht sie ja gerade zu langweiligen Menschen.

      Zweiter Absatz, wie gesagt, alles korrekt. ;-)

    • Vor 7 Monaten

      "...dass langweilige Menschen nicht versuchen, sich durch nischige Musik zu profilieren."

      Schon ironisch, dass Du das schreibst. :D

    • Vor 7 Monaten

      Super ironisch, ja. Bin locker der einzige User hier, der sich Gummipunkte damit verdienen will, indem er den neuen Track von OG Queef feat. Chupa Chups abfeiert :D

    • Vor 7 Monaten

      Kläff Kläff, da wurde ein Treffer erzielt. :lol:

    • Vor 7 Monaten

      Ich denke welche Menschen langweilig sind ist höchst subjektiv und die Kriterien, die Menschen haben zu glauben, um andere in diese Kategorie einzuordnen, sagen viel darüber, wie oberflächlich diese Menschen sind.

    • Vor 7 Monaten

      Ne, es gibt schon sehr objektiv langweilige Menschem und manche davon lesen sich einen nischigen Musikgeschmack an während andere sich für Inneneinrichtung oder Persönlichkeitsentwicklung interessieren.

      Ist diese Radiohead Diskussion, eigentlich ein Ritual, das alle paar Jahre vollzogen werden muss, um Cthulu unter dem Meerespiegel zu halten?

    • Vor 7 Monaten

      Nein, nein, meines Wissens soll Cthulhus Erwachen durch eine besondere Sternenkonstellation bewirkt werden. Da dürfte ein solches Ritual keine Relevanz haben.
      Aber davon abgesehen eine schöne Bemerkung :-)

    • Vor 7 Monaten

      P.S.: @hrvorragend könnte doch recht haben. Chat-GPT hat mir soeben folgendes mitgeteilt:

      In den Geschichten von H.P. Lovecraft wird oft angedeutet, dass die Kräfte, die Cthulhu anbeten oder verehren, Rituale und Beschwörungen verwenden, um seine Rückkehr zu beschleunigen oder zu unterstützen. Einige Erzählungen deuten jedoch auch darauf hin, dass es möglicherweise magische oder okkulte Rituale gibt, die dazu dienen könnten, das Erwachen von Cthulhu oder anderen kosmischen Wesen zu verhindern oder zu verzögern.

      Einzelheiten darüber, wie ein solches Ritual aussehen könnte oder ob es überhaupt effektiv wäre, sind oft unklar und variieren stark zwischen den verschiedenen Geschichten und Interpretationen des Cthulhu-Mythos. Es ist wichtig zu beachten, dass der Mythos von Cthulhu und seinen Anhängern stark von Mysterium und Dunkelheit geprägt ist, und daher bleiben viele Fragen und Möglichkeiten offen für die Interpretation durch die Leser.

    • Vor 7 Monaten

      Kurze Frage: Gibt es denn noch andere Bands, die, wenn man Musiker ist, objektiv etwas zu bieten haben, außer Radiohead?

    • Vor 7 Monaten

      Was soll das denn für ne Frage sein?

    • Vor 7 Monaten

      "Gibt es denn noch andere Bands, die, wenn man Musiker ist, objektiv etwas zu bieten haben, außer Radiohead?"

      Ja.

      Z.B. TOOL.

    • Vor 7 Monaten

      Die findest du vllt langweilig vorri, aber andere Menschen, die sich auch für Inneneinrichtung oder Persönlichkeitsentwicklung interessieren, finden die dann interessant und dich hängengeblieben am Fließentisch langweilig finden :)

    • Vor 7 Monaten

      Radiohead, das ist doch dieser eher langweilige, sich für Inneneinrichtung interessierende Sänger mit dem genau einen obergeilen Lied, Creep oder so, oder? ODER?

    • Vor 7 Monaten

      Voll hängen geblieben, der Pablo huschti. :wein:

    • Vor 7 Monaten

      dünnes Eis, verhuschi.