laut.de-Kritik
Songs über das Träumen vom Ex-Sonic Youth-Gitarristen.
Review von Toni HennigEx-Sonic Youth-Gitarrist Thurston Moore hat in den vergangenen Jahren - und teils auf seinem eigenem Label The Daydream Library - einige Alben veröffentlicht, die stilistisch von Space-Rock ("Spirit Counsel") über Noise-Rock ("By The Fire") bis hin zu freien Improvisationen ("Screen Time") reichen. Nun erscheint mit "Flow Critical Lucidity" eine Platte über das Träumen.
"New In Town" leitet mit Trommelrhythmen, dissonanten Saitenakkorden und Vocals, die ein wenig neben der Spur klingen, psychedelisch ein. "Sans Limites" baut sich anschließend mit verträumten Gitarren- und Pianotönen langsam auf. Der Gesang Moores setzt hier erst nach der Hälfte des Tracks ein, bevor das Stück mit Gastvocals von Stereolabs Laetitia Sadier in einen eingängigen Indie Rock-Song mündet.
"Shadow" lässt dann mit schweren Gitarrenklängen und trippiger Schlagzeugarbeit noch am ehesten an Sonic Youth denken. Die Vocals klingen allerdings recht altersmilde, auch, wenn sich der 66-Jährige noch zu einem fuzzigen Solo hinreißen lässt. In verträumtere Sphären geht es wieder mit "Hypnogram", dem Thurstons Stimme eine leicht süßliche Note verpasst. Wenn sich zum Schluss Piano- und Orgelsounds in luftige Höhen schrauben, wertet dies den insgesamt eher unspektakulären Song deutlich auf. "We Get High" bildet mit schleppenden Rhythmen, verzerrten Riffs, einer mysteriösen Spieluhrmelodie und tiefen Vocals den dunkelsten Track auf dem Album.
In "Rewilding" kommt mit schrammeligen Riffs, tanzbaren Drumtönen und hypnotischem Gesang etwas Talking Heads-Feeling auf. Textlich nimmt der Ex-Sonic Youth Bezug auf die britische Rewilding-Bewegung, die danach strebt, den Einfluss des Menschen auf Ökosysteme zu reduzieren. "The Diver" lädt mit versunkenen Schlagzeug- und Saitenklängen geradezu ein, in das Stück einzutauchen. Von seiner Stimme macht Moore hier nur sporadisch Gebrauch, was Stimmung nur noch weiter verstärkt.
Nach so mancher Liebhaber-Platte erweist sich "Flow Critical Lucidity" wieder als interessantes Projekt, das noisige Momente zwar weitestgehend vermeidet, dafür aber gute Songs liefert - Sonic Youth-Fans dürften sich sofort aufgehoben fühlen, sofern sie sich nicht am etwas ruhigen und gemäßigten Ton stören. Nur schade, dass es die rockige, bärenstarke 2023er-Single "Isadora" nicht auf die Scheibe geschafft hat.
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