laut.de-Kritik

Eine Liebeserklärung an die Vernichtung.

Review von

Harten Tag gehabt? Du würdest am liebsten alles kurz und klein hauen? Lass das doch einfach CJ McMahon machen. Er kann das besser, da bin ich mir relativ sicher. Den akkuraten Vergleich habe ich zwar (zum Glück) nicht, aber gäbe es ein musikalisches Äquivalent zur Atombombe – es wäre die Stimme dieses Kerls. Und deshalb passt sie ganz hervorragend zum Vernichtungskommando namens Thy Art Is Murder.

Stilistisch hat sich im Grunde nicht sonderlich viel verändert. Die Aussies spielen eben noch immer ultrabrutalen Deathcore. Vielleicht hat der Death Metal-Anteil etwas zugenommen und die Songs sind etwas kompakter strukturiert. Aber im Grunde hat man erstmal immer das Gefühl, das Thy Art Is Murder-Album, das gerade läuft, ist das tödlichste.

Platz für Feinfühligkeit ist auf "Dear Desolation" nicht. Die Liebste, an die die Band ihre Ode richtet, ist schließlich keine Romantikerin. Sie ist Zerstörung. Und entsprechend zelebrieren Thy Art Is Murder die Liebeserklärung mit maximaler Härte. Das Eröffnungsriff verheißt schon nichts Gutes, dann gibt CJ das Kommando zum Angriff und Drummer Lee Stanton prügelt alles nieder. Dabei ist vor allem seinem Spiel eine gewisse Virtuosität nicht abzusprechen. Mit unbarmherziger Präzision aber auch tänzerischer Variabilität knallen seine Schläge auf die Felle, in seiner Nähe fühlt man sich wohl wie der Finger an der Nähmaschine.

Recht geschickt handhaben Thy Art Is Murder, jedem Beteiligten Raum zur Entfaltung zu geben. Häufig unterbrechen die Gitarristen ihre Tremoloattacken, um erhaben ihre geschlagene Schneise zu begutachten. In diese fährt dann gerne Stanton und radiert mit Trommelwirbeln auch noch die Ränder fein säuberlich aus. Wenn beide Parteien zur Seite treten, steht CJ im Mittelpunkt und trommelt sich wutschnaubend auf die Brust. Sein Stimmvolumen ist so schon beeindruckend, gerne akzentuiert er aber noch zusätzlich, indem in regelmäßigen Abständen seine Spuren vervielfacht. Diese Gangshouts sind dann so richtig beängstigend.

Auf gewisse Dramaturgie muss man dabei nicht verzichten. Gerade in der zweiten Hälfte reichern Thy Art Is Murder die inzwischen weitestgehend blankgefegten Schlachtfelder mit apokalyptischen Stimmungselementen an. Dazu dient mal ein drückender Synthesizerton wie am Ende von "Fire In The Sky", mal oktavierte Melodieriffs ("Dear Desolation"). In solchen Momenten lassen sich gewisse Parallelen zu Behemoth nicht abstreiten.

Nur verfügen Thy Art Is Murder im Vergleich zu den Polen eben über ein deutlich beschränkteres kompositorisches Vokabular. Das merkt man den Songs leider auf Dauer an. Strukturell herrscht nicht besonders viel Abwechslung, im Grunde verlassen sich die Musiker stets auf dieselben Stilmittel. Raserei trifft auf heavy Verschnaufpausen, über Breakdowns legt man gerne Backing-Synthie. Skippt man durch einzelne Songs hört man kaum Unterschiede.

Am offensichtlichsten werden die Defizite, wenn man "Fire In The Sky" und "Death Dealer" nebeneinander stellt. Beide beginnen mit Low-Tempo-Arpeggios, eine zweite Gitarre flirrt der Atmosphäre zuliebe im Hintergrund, Lee Stanton agiert sparsam, aber mit großer Geste, CJ wird zum lauernden Wolf, der kurz vor dem Sprung steht, sich aber vorerst noch mit Knurren zufrieden gibt. Und dann, klar: Kahlschlag. Bis zu diesem Punkt ist der Aufbau der beiden Songs quasi identisch.

Glück für Thy Art Is Murder, dass solche Limitierung beim Hören nur die wenigsten stören wird. Denn in dem was es tut, ist das Quintett nun mal Königsklasse. Kompromisslosere und fokussiertere Exemplare ihrer Art findet man kaum. Damit heben sich Thy Art Is Murder von der Masse ab. Die Gunst der Göttin des Abrisses sollte ihnen sicher sein.

Trackliste

  1. 1. Slaves Beyond Death
  2. 2. The Son Of Misery
  3. 3. Puppet Master
  4. 4. Dear Desolation
  5. 5. Death Dealer
  6. 6. Man Is The Enemy
  7. 7. The Skin Of The Serpent
  8. 8. Fire In The Sky
  9. 9. Into The Chaos We Climb
  10. 10. The Final Curtain

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