laut.de-Kritik
Perfekte Verbrüderung der Moldy Peaches mit den Bright Eyes.
Review von Vicky ButscherDas Buch "Tillie Und Die Mauer" von Leo Lionnie handelt von einer kleinen, neugierigen Maus. Die möchte - im Gegensatz zu ihren Freunden - erkunden, was sich jenseits der großen Mauer, die neben dem kleinen Mauseloch in die Luft ragt, abspielt. Genau so fasziniert von Andersartigem und Vielfältigem sind auch die Jungs und Mädels von Tilly And The Wall.
Zwischen kindlich verspielt und ernsthaft-melancholisch schwanken die Songs der Band. Wie einst bei den Moldy Peaches, hört man den DIY-Charakter der Songs an jeder Ecke charmant aufblitzen. Das hätte auch nach hinten losgehen und unstrukturiert klingen können. Doch nicht umsonst half ihnen der Mann der phantastischen Melodien und gezähmt ausgefransten Strukturen - Conor Oberst - bei der Produktion des Tilly-Debüts.
Schäumen die ersten beiden Songs sowie die verspielte Single "Reckless" noch über wie eine WG-Party, auf der alle Anwesenden in leicht schrägen, aber hippen Klamotten billige Alkoholika zu sich nehmen, besinnt sich "Bessa" aufs Wesentliche. Dominiert von Klavier, Percussions und zweistimmigem Frauengesang entwickelt er eine angenehm luftige Leere zwischen den Zeilen, verliert aber an keiner Stelle seine beschwingte Stimmung.
Mit "You And I Misbehaving" zieht zum ersten Mal so etwas wie Schwere in die Platte ein. Die Beats drücken, die Stimme Dereks erinnert stark an das melancholische Organ von Conor Oberst. Auch "Let It Rain", ein ungewöhnlich reduziert instrumentiertes Stück, lotst in eine (be)drückende Langsamkeit. Das sehr elektronische "A Perfect Fit" hätte genau so gut auf einer Bright Eyes- oder Azure Ray-Platte stattfinden können.
"I Always Knew" erinnert von der Stimmung an ein Mädchen, das in sich versunken mit Puppen spielt, dabei die Welt um sich herum vergisst. Komplett mit ihren Gedanken beschäftigt, repetiert und unterstützt das Klavier den sanften und doch bestimmten Gesang. Langsam bauen sich die vielen konfusen und doch im Zaum gehaltenen Instrumentenspuren wieder auf. Tilly And The Wall sind eben nicht niedlich, melancholisch oder neckisch. Sondern alles auf einmal.
Eigentlich war mit dem Titel "Wild Like Children" ja schon fast alles gesagt. Fast.