laut.de-Kritik

Dieser Garagensound vermittelt unerwartet gute Laune.

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Es ist doch schön zu hören, dass eine Band auf die allgemeine Hochglanzpolitur scheißt und bei ihren Wurzeln bleibt. So gehen Times New Viking auch bei ihrem vierten Nicht-Wirklich-Studio-Album eben nicht wirklich ins Studio – ihre Songs reichten sie beim Label auf VHS ein.

Angeblich eine Steigerung ihrer Professionalität um 25%, sagen sie – das Album davor bekam die Plattenfirma noch auf Kassette. Aber was soll man auch von einer Band erwarten, die selbst angibt, vor Beginn der Lo-Fi-Karriere im Jahr 2005 noch nie ein Instrument in der Hand gehabt zu haben?

Einen einzelnen Song von "Born Again Revisited" zu beschreiben, fällt bei Times New Viking wahrlich schwer. Die 15 Stücke klingen so ähnlich, dass man Unterschiede in dem Geschrammel beim ersten Hören kaum erkennen kann. Das ist aber nicht weiter schlimm, denn der Garagensound vermittelt unerwartet gute Laune.

Versucht man sich doch einmal an einzelnen Tracks, wird sofort klar: Beth Murphy hat das Singen noch immer nicht gelernt. Besonders schön beweist sie ihr Nicht-Können in "These Days", das vergleichsweise ruhig und massentauglich wirkt.

Fast schon melodiös kommen "City On Drugs" und "Half Day In Hell" daher. Die beiden Songs mutieren durch Orgelgeklimper zu richtig anmutigem Sound und vor allem Ersterer erinnert ein bisschen an die Anfänge der Rolling Stones. Auch Parallelen zum White Stripes-Album "Blood White Cells" von 2001 oder Sonic Youth lassen sich ziehen – wenn man von der unterschiedlichen Tonqualität absieht. Denn getreu des Garagenbandmottos klingen Times New Viking eher so, als hätten sie ein Megaphon statt eines Mikros benutzt.

Vor den Aufnahmen zu "I Smell Bubblegum" allerdings hätte man der Band aus Ohio noch einmal deutlich machen sollen, dass Lo-Fi nicht gleich Minderung an Kreativität bedeutet. Der Fünf-Töne-Song besteht aus geschätzten zehn Worten und entbehrt neben Einfallsreichtum auch sonst alles – einschließlich des Schreieinsatzes von Beth Murphy, der sonst vieles rettet.

Dass die Platte richtig gut beginnt und gegen Ende hin immer weiter abschwächt, zeigt der Kontrast zwischen "Martin Luther King Day" (Track eins und sicherlich eine Professionalitätssteigerung von mehr als 25%) und "Take The Piss" (Schlusstitel und wörtlich zu nehmen). Mag sein, dass Letzterer nur einen kleinen Witz als Abschluss darstellen soll – jedenfalls hofft man es bei dieser Nicht-Musik, die mit kurzen 36 Sekunden schon viel zu lange dauert.

So klingt nun "Born Again Revisited" wie eine einzige Jamsession – mehr improvisiert als komponiert und so schlecht, dass es schon wieder gut ist. Die Songs erweisen sich als extrem kurz – für mehr als eine Minute und 50 Sekunden reicht es oft nicht. In dieser Zeit geben Times New Viking ihr Bestes, um einen einzigen Geistesblitz pro Titel zwanghaft in die Länge zu ziehen und möglichst professionell unprofessionell zu klingen.

Das ist einerseits schade, so bleiben die guten Ideen nur gute Ideen und die Songs wirken teilweise halbfertig. Andererseits sind die Mini-Tracks auch gut so, denn was Times New Viking als Musik beschreiben, ist stets eine schmale Gratwanderung zwischen Krach und genial einfacher Komposition. Das ist auf die Dauer anstrengend und nichts für schwache Nerven.

Trackliste

  1. 1. Martin Luther King Day
  2. 2. I Smell Bubblegum
  3. 3. City On Drugs
  4. 4. Born Again Revisited
  5. 5. Little World
  6. 6. No Time, No Hope
  7. 7. Half Day In Hell
  8. 8. Something Moore
  9. 9. 2/11 Don't Forget
  10. 10. These Days
  11. 11. (No) Sympathy
  12. 12. High Holidays
  13. 13. Hustler, Psycho, Son
  14. 14. Move To California
  15. 15. Take The Piss

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