laut.de-Kritik
So heiß wie eine mecklenburgische Lagerfeuerstelle im Herbst.
Review von Kai ButterweckLassen Train jetzt etwa die Muskeln spielen? Oder warum präsentiert sich auf dem Cover des neuen Albums ein in Flammen stehender Ami-Schlitten? Die Spannung steigt. Ein selbst verpasster Tritt in den Allerwertesten würde dem bis dato doch eher bedächtigen Schaffen der kalifornischen Pop-Rocker gut zu Gesichte stehen. Doch leider entpuppt sich die lodernde Verpackung bereits nach den ersten Klängen des Openers "Cadillac, Cadillac" als kalkulierte Mogelpackung.
Abermals lassen die Grammy-Gewinner standardisierten US-Radio-Pop-Rock vom Stapel, der in etwa so heiß ist, wie eine mecklenburgische Lagerfeuerstelle im feuchtkalten Spätherbst. Hier glüht nun wirklich gar nichts, es sei denn, man steht auf austauschbarste Highway-Plump-Kost aus Übersee.
Es kommt aber noch dicker. Während pumpende Schunkel-Rhythmen sich ihren Weg durch die Straßen San Franciscos bahnen, stehen in Gucci-Denim eingepackte Silikon-Engel an den Kreuzungen Spalier ("Angels In Blue Jeans"). Die Sonne scheint, das Leben ist schön, und mit klinisch sterilem Happy-Pop öffnet sich jede Billboard-Schleuse wie von selbst. Im Ohr bleibt zwar trotzdem nur wenig haften, aber who cares? So lange Klischees bedient werden und der Uncle-Sam-Radio-DJ von nebenan die Hüften wackeln lässt, lacht selbst über den Alcatraz-Ruinen die Sonne.
Vielleicht braucht es aber auch zwanzig Durchläufe, um zum eigentlichen Kern des Albums zu gelangen. Der sei nämlich umhüllt von einem ganz bestimmten "Soul-Vibe", orakelt Sänger Pat Monahan. Ach, echt? Der Train-Chef ist jedenfalls der Meinung, dass unter der sonnig fluffigen Album-Oberfläche doch tatsächlich der Soul eines Johnny Cash UND der eines Stevie Wonder Wurzeln schlägt.
Okay, sorry. Dann nehme ich natürlich alles zurück und gönne dem Album noch weitere 17 Runden. Wer allerdings nicht ganz so viel Zeit investieren will und wissen möchte, welchen Eindruck Songs wie "Wonder What You're Doing For The Rest Of Your Life", "Just A Memory" oder "Baby, Happy Birthday" nach den obligatorischen drei Durchläufen hinterlassen, der sollte jedoch nicht zu viel erwarten. Die Antwort lautet nämlich: So gut wie keinen.
3 Kommentare
Ich muss mich als wirklicher Trainfan outen. Zwischendurch ist man einfach nicht aufnahmefähig für musikalisch tiefe progressive Kulturbrocken. Das letzte Album hat so einige Ohrwürmer (das Lied mit den Trompeten und David Hasselhof im Video) und clevere Reime ("When you moooove me, everything in grooovy") gesorgt.
Nicht immer alles Oberflächliche verreißen . Man muss auch nicht immer meckern sondern einfach mal froh sein das die Mr. Cash und wonder überhaupt kennen. Tolle Band
kenne die neue Platte noch nicht ,.. aber ab und an höre ich Train auch recht gern. Fand die letzte Platte auch recht gut. Eine Band muss Ihr Produkt auch verkaufen ,.. das ist doch legitim. Wenn man Verkaufserfolg mit schlechter Qualität gleichsetzt stimmt doch was nicht.
Ich finds geil! Vertonter #normcore, so richtig schön durchschnittlich!