laut.de-Biographie
Trilok Gurtu
"Als Ich drei oder vier Jahre alt war, hatte meine Mutter einen Perkussionisten, der immer zu spät oder gar nicht kam. Irgendwann sagte mein Vater: Trilok trommelt doch immer auf den Tisch, hol ihn runter. Da musste ich meine Mutter begleiten." So kann man natürlich auch zum Percussion-Spiel kommen und Gurtu lacht noch heute über die Instrumentenwahl: "So habe ich mein Instrument gewählt. Oder das Instrument mich."
Als Sohn der weit über Indiens Grenzen hinaus bekannten Sängerin Shobba Gurtu († 2004), ist Trilok Gurtu aus der internationalen Musiklandschaft seit den 80ern nicht mehr weg zu denken. Geboren am 30. Oktober 1951 in Bombay, genießt er ab frühester Kindheit eine musikalische Erziehung. Zu seiner Ausbildung trägt neben der musizierenden Großfamilie vor allem sein Großvater bei, der den Ruf eines hoch angesehenen Sitar-Spielers genießt. Und der Rundfunk! Durch den Einfluss westlicher Radiosender kommt Gurtu sehr früh in Kontakt mit der Musik von Steve Winwood, Jimi Hendrix, John Coltrane und vielen anderen Helden der ausgehender 60er Jahre.
Das gesteigerte Interesse an indischer Musik in den 70ern, das nicht nur die Beatles bannt, führt ihn 1977 über New York nach Hamburg, das er fortan seine Heimat nennt. Dort lernt er den Jazztrompeter Don Cherry kennen. Tourneen und Einspielungen mit ihm, Embryo, Charlie Mariano und Philip Catherine sind seine ersten Stationen auf dem Weg nach ganz oben.
Dann geht es Schlag auf Schlag. 1984-1988 trommelt er bei Ralph Towners Oregon, einer der erfolgreichsten Ethno-Bands der 80er, und spielt 1985 mit Jan Garbarek dessen Album "Song for Everyone" ein. Anschließend macht ihn John McLaughlin für vier Jahre zum festen Bestandteil seines frisch reformierten Mahavishnu Orchestras, mehrere Welttourneen und Albumeinspielungen inklusive. Kollaborationen mit Joe Zawinul, Bill Laswell, Maria Joao, Gilberto Gil, Pharoah Sanders, Annie Lennox, Pat Metheny und dem Cello-Virtuosen Yo-Yo Ma folgen.
Wird er durch diese Kooperationen vor allem als hochkarätiger World- und Jazz-Sideman wahrgenommen, veröffentlicht Gurtu seit Anfang der 90er unter eigenem Namen regelmäßig Alben, auf denen er mit unterschiedlichen Gästen "seine" Musik offeriert. Zu den Eingeladenen gehören Ex-Zap Mama-Sängerin Sabine Kabongo, Neneh Cherry, Angelique Kidjo, Youssou N'Dour, Steve Lukather und Salif Keita.
Für "Broken Rhythms" (2004) engagiert er neben dem irischen Blues-Gitarristen Gary Moore, das italienische Arké String Quartett, den tuvinischen Obertonchor Huun Huur Tu, den 'Teufelsgeiger' Ganesh Kumar, Sitar-Meister Ravi Chary sowie mehrere indische Vokalistinnen. Aber: "Wir sind keine Exoten, die den Soundtrack zum Urlaub abliefern. Was wir spielen ist das 'Real Thing'."
Diese Einschätzung bestätigen ausverkaufte Tourneen ebenso wie die Preise, die er in schöner Regelmäßigkeit in Empfang nimmt. Sieben Mal gewinnt er den Downbeat Poll als bester Perkussionist des Jahres. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Trilok Gurtu Mitte der 90er erkennt: "Jazz war früher, heute mache ich meine eigene Musik."
Im Interview mit dem renommierten Magazin Jazzthetik, führt er dieses Statement aus. "Es waren keine schlechten Zeiten. Ich hatte gut und viel zu tun, was für einen Musiker nicht immer der Fall ist. Damals sprach man nicht von Weltmusik, und alles, was irgendwie anders als Pop und Klassik klang, war Jazz. Also spielte ich Jazz, um damit Geld zu verdienen. Doch auch der Jazz war in einer Krise. Oft war die Musik so verschachtelt und vertrackt angelegt, dass man kaum durchsah. Ich konnte das auch bedienen und habe dementsprechend gespielt. Doch bald merkte ich, dass ich bei verschiedenen Auditions den Job nicht bekam, weil die Musiker sagten, das sei alles unglaublich toll und cool, aber sie könnten zu diesen vertrackten und schnellen Rhythmen nichts mehr zusätzlich einbringen. Das war ein Wendepunkt für mich und mir war klar, Jazz ist ein Job und eigentlich geht es nur um meine eigene Musik. Im Laufe der Zeit habe ich gelernt, meine Musik einfacher zu schreiben und damit auf das Publikum zuzugehen. Nicht das Publikum braucht mich, ich brauche das Publikum."
Diese Erkenntnis führt Gurtu 2009 zu "Massical". "Musik muss für alle da sein. Deshalb sage ich, Musik ist massical", erläutert er die Titelwahl. Seine Musik, das "Real Thing" und den roten Faden von "Massical" kommentiert der spirituell denkende Musiker im Gespräch mit laut.de: "Musik ist wie Gott: sie hat keine Farbe, keine Form und keinen Namen. Was bleibt übrig? Sie zu akzeptieren wie sie ist. Das Real Thing ist, was wirklich in uns steckt - ohne Schmutz. Der Faden ist farblos. Ich will zeigen, dass Musik eins ist - ohne Wörter, Sprache und Erklärungen. Wir bauen Brücken und keine Barrieren."
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