laut.de-Kritik
Bestechend frischer Folk-Rock aus England.
Review von Giuliano BenassiTurin Brakes ist ein seltsamer Name für eine Band, um so mehr für eine, die gerade ihr erstes Album veröffentlicht, aus England stammt und mit Italien und FIAT nichts am Hut hat.
Nähere Beweggründe sind nicht zu erfahren. Vielleicht handelt es sich um ein Beispiel des manchmal undurchdringlichen britischen Humors, eher aber um den Versuch, die Etikette vom Inhalt zu trennen. Während man sich bei Spice Girls, Take That! oder auch Beach Boys schon beim Namen ungefähr vorstellen kann, was sich dahinter verbirgt, gestaltet sich eine solche Assoziierung bei "Turin Brakes" eher problematisch.
Auf jeden Fall haben sie nichts mit Rost oder Juventus zu tun. Hinter Turin Brakes verbirgt sich das Duo Ollie Nights und Gale Paridjianian. Beide Anfang 20, präsentieren sie klassischen Folk-Rock mit akustischen Gitarren als Grundlage für unverzerrte Stimmen und jugendlich-anspruchsvolle Lyrics.
Ohne großen Schnickschnack aufgenommen, unterscheidet sich "The Optimist LP" technisch kaum von ähnlichen Veröffentlichungen aus den 60er oder 70er Jahren, und besticht doch durch eine Frische, die die ZuhörerIn rasch in ihren Bann zieht. Mehr als Paridjianians schraddelnde Gitarre ist Nights Stimme das Element, das die Faszination dieses Albums ausmacht. Warm, sensuell, gleichzeitig etwas rau und ungeschliffen, prägt sie sich schon beim Opener ein und erinnert irgendwie an einen jungen Bob Dylan, der im Gegensatz zum Original singen kann und nicht durch die Nase nörgelt.
Verglichen werden Turin Brakes mit allen möglichen Songwritern, von Nick Drake über Leonard Cohen zu Tim Buckley, das Etikett "Folk Radiohead" haben sie sich auch schon eingefangen; mit ihrer Verspieltheit und ihren Harmonien erinnern sie an Indigo Girls, mit ihrer angepoppten Intellektualität an Simon&Garfunkel.
Mal angerockt, mal langsamer, hat das Album keinen einzigen Durchhänger. Dafür aber einige hervorstechende Momente, wie der Anfang von "Feeling Oblivion", Textschnipsel wie "So take the fast road and get going now/Before you leave no trace" ("The Door"), das verschlafene "By TV Light" oder das abschließende "The Optimist," das im Gegensatz zum Titel ein recht schwarzes Zukunftsbild zeichnet.
Obwohl manche Zitate an Kopien grenzen, so "Emergency 72", das nicht nur des Titels wegen an die mittlerweile wohl untergegangenen Cornells erinnert, bieten Turin Brakes erfrischend Neues. Musikalisch sind sie auf jeden Fall meilenweit besser als bei der Namenssuche.
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