laut.de-Kritik
Die Berliner Indierocker werden politisch.
Review von Hannes HußTusq melden sich nach fünf Jahren zurück. "The Great Acceleration" heißt das neue Album und knüpft soundtechnisch recht gut an die ersten beiden Alben "Hailuoto" und "Patience Camp" an. Zwar hat sich die Besetzung der Rhythmussektion verändert, die Band bleibt aber beim geradlinigen Gitarren-Indierock. Die Melodien laufen rein, der Sound bleibt dicht, und Uli Breitbach singt noch immer mit wunderbar angenehmer Stimme.
Neu ist hingegen, was er singt. Denn die Wahlberliner haben sich eine politische Ausrichtung auf die Fahnen geschrieben. "We are dead / Dead wrong / Divided into nations" oder "All the battles have been won / Everything we knew was burning to the ground / With the last drop of fuel we managed to escape / Everyone felt so betrayed" beweisen, dass die Band ihr Herz definitiv am richtigen Fleck hat. Allerdings kann das nicht alles sein, was zählt: Es fehlt ein wenig an der letzten textlichen Raffinesse, die solche Zeilen aus der aktuellen Musiklandschaft herausstechen lassen.
Auf dieser Basis variieren Tusq über Plattenlänge ihren Stil: "Too Close To Call" spielt mit Versatzstücken des düsteren Postpunks, "Set Fire" ist ein sonneninfizierter Rocksong, und die Leadsingle "Different Planet" gerät zur politischen Gitarrenballade. Das Poprock-Schlagzeug mitsamt dem eng verbändelten Bass geben die Richtung vor. Dabei ist sie mal mehr ("Anyway"), mal weniger spielfreudig. Das klingt solide und gefällt, aber etwas mehr Spannung und Ekstase hätte man sich unterm Strich doch gewünscht.
So bleibt am Ende das Gefühl, dass die ein oder andere Möglichkeit verschenkt wurde. Man hätte mehr Mut zum Experiment zeigen können, vor allem in Sachen Bass und Drums, und die Texte zuweilen konkreter werden lassen. Denn um 2018 relevant zu sein, reicht Gefälligkeit allein nicht aus. Beim nächsten Mal: Bitte mehr Mut zum Anecken!
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