laut.de-Kritik

Entspannter X-Mas-Hip Hop.

Review von

Das MUSS einfach die Idee des Jahres sein. Tyler, The Creator bringt eine EP mit Weihnachtssongs raus. Die ist, wie der Titel schon verrät, von seiner Arbeit am Grinch-Soundtrack inspiriert und schließt an dessen "I Am The Grinch" an. Das war der einzige von ihm selbst komponierte Song des Soundtracks und ein verdammt entspanntes Stück.

Entspannung ist auch auf "Music Inspired By Illumination & Dr. Seuss' The Grinch" angesagt. Vielleicht bei einer "Hot Chocolate"? Eine Anleitung, wie dieses köstliche Wintergetränk optimal zubereitet wird, liefert Tyler gleich mit: "I prefer milk if it's two percent/ Marshmallows on top and some extra whip/ You can even use cinnamon, cinnamon on top". Das klingt wirklich verführerisch. Die gleichnamige Kollaboration mit Jerry Paper klingt dabei wie die perfekte Untermalung für einen faulen Sonntagnachmittag mit heißer Schokolade auf dem Sofa. Alles fließt ineinander und durcheinander. Klavier-Akkorde, Bläsereinsätze, ein gedämpftes Schlagzeug, nichts kratzt oder stört. Viel mehr Loungepop geht im Hip Hop nicht.

Diese Lounge-Attitüde lässt sich auch im ersten und letzten Stück der EP beobachten. "Whoville" und "Cindy Lou's Wish" kommen beide rein instrumental daher und sind nach Begriffen aus "The Grinch" benannt. Der erste Song könnte zu Beginn noch von einem Chilly Gonzales Album stammen, bis sich zum leichtfüßigen Piano noch Streicher, Bläser und ein Glockenspiel hinzu gesellen. Man wähnt sich schon in einem Weihnachts-Werbespot.

"Cindy Lou's Wish" hingegen würde auf Airs Moon Safari nicht großartig auffallen. Mit den dominanten Synthesizer-Flächen, den kurzen Piano-Fills und sanften Drone-Klängen stellt sich sofort ein Gefühl der Freiheit und Unbeschwertheit ein.

In die Achtziger entführt mit zweieinhalb Minuten Spieldauer der längste Track der EP. "Lights On (feat. Ryan Beatty & Santigold)" basiert größtenteils auf Casio-Synthesizer-Sounds und einem Basslauf. Hier sticht vor allem die Stimme Santigolds heraus, während Newcomer Ryan Beatty mit seinem wenig prägnanten Organ untergeht.

Die EP scheint für Tyler ein Versuchsfeld zu sein. Wie funktionieren Klavieretüden, wie astreiner Pop. Nur bei "Big Bag" verzichtet er auf Experimente und schließt an sein letztjähriges Meisterwerk "Flower Boy" an. Keine Features, nur Tyler und ein düsterer Beat mit Hi Hat-Fokus. In anderthalb Minuten behandelt er seine eigene, deprimierende Erfahrung mit Weihnachten ab: "Could you please tell me what you know about skippin' 24, 25/ 'Cause your mom was at her 9-to-5" und "I was wrapping gifts age six with the paper bandanas/ Mom was always honest, I ain't never had a Santa Claus/ She was my amigo like my buddies from Atlanta" zeugen von Weihnachtsfeiertagen ohne jeglichen Kitsch oder Staunen. In der prekären Lebenssituation von Tyler und seiner Mutter war schlicht und ergreifend kein Platz dafür.

Mit seiner Weihnachts-EP liefert der Atlanta-Rapper nun aber ganz in der Tradition der Festtage ab. Besinnlich, zurückgelehnt und trotzdem immer wieder höchst spannend. So lässt sich das Warten auf den 24. ganz gut aushalten.

Trackliste

  1. 1. Whoville
  2. 2. Lights On (feat. Ryan Beatty & Santigold)
  3. 3. Hot Chocolate
  4. 4. Big Bag
  5. 5. When Gloves Come Off (feat. Ryan Beatty)
  6. 6. Cindy Lou's Wish

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