laut.de-Kritik

Die CD bitte NICHT kratzen!

Review von

U.S. Girls muss man wegen des dummen Wortspiels der Kanadierin (und einzigen Bandmitglieds) Meg Remy grundsätzlich mögen. Dazu kommt mit "Rosebud" einer der besten Songs überhaupt und eine beeindruckende Diskografie, die sich allerdings von früheren Höhen ein wenig auf nur gutem Niveau eingependelt hat. "Scratch It", weg damit, auf eine Neues.

Zwar sind es immer noch keine Girls, aber zumindest faktisch zwei: Der internationale eher unbekannte Gitarrist Dillon Watson, Mitglied von D. Watusi, ist mitverantwortlich für die neue Scheibe "Scratch It". Und das hört man. Er brachte noch Freunde mit, die waren nämlich praktischerweise gleich bei ihm vor Ort in Nashville, Tennessee. In zehn Tagen nahm die Kanadierin also mit Watson, Jack Lawrence am Bass, Domo Donoho am Schlagzeug und Jo Schornikow und Tina Norwood an den Keys das Album auf, zu dem noch Mundharmonika-Legende Charlie McCoy beitrug.

Die Scheibe atmet Bandsound, der die natürlich dominante Remy aber nie erdrückt, und sie schnauft förmlich die Music City Nashville. Das ist über weite Strecken sehr reizvoll, schon die eröffnende James Brown-Hommage "What James Said" gerät exzellent. Wuchtig, lebendig und im Sound die süße, hohe, hauchende Stimme der Torontian konterkarierend, ergibt sich ein Gemisch, das der Funkgott auch gut gefunden hätte. Spätestens, wenn der Chor " Stretch, movе/ Pose, groove" skandiert, bewegt sich die Hüfte.

Das ist aber ein wenig eine schiefe Spur, denn so viel bewegt wird sich gar nicht mehr. Remys Ehemann Slim Twig (der leider schon lange nicht mehr veröffentlicht hat) verpasst dem Album als Produzent einen völlig anderen Klang als dem Vorgänger "Bless This Mess". Damals stand funky Pop im Vordergrund, geschliffen auf dem PC, nun Magnetbänder und erdiger, getragener Sound. "Scratch It" atmet viel mehr Country und Folk als Funk, steckt aber oft noch einen Zeh in Southern Rock. Das zeigt schon "Dear Patti", ein Brief an Patti Smith, bei der Remy sich dafür entschuldigt, dass sie auf denselben Festivals auftrat, aber ihre kleinkindlich angemessen suizidalen Kinder beaufsichtigen musste und die Legende deshalb niemals sah. Musikalisch eine schöne, gitarrenlastige Southern Pop-Nummer mit sehr viel langsamem Groove.

"Firefly On The 4th July" erschließt sich nicht so leicht, hier ergeben die Details die Faszination, insbesondere Watsons wunderschön quäkende Gitarre. "The Clearing" ist Countrypop mit einer guten Bassline und einem ein wenig zu vorsichtigem Aufbau. Ein guter, beschwörender Song, der in den 60ern sehr gut angekommen wäre, aber sich nach mehr Potenzial anfühlt. Der "Walking Song" markiert schon die Mitte des Albums, und hier wehren sich die Instrumente nicht genug gegen den natürlichen Schmalz der Säuselstimme. Schifferklavier und Bass führen allesamt ins Boudoir, und wenn die Sängerin dann etwas kindlich vom gemeinsamen Gehen singt, bleibt man perplex zurück.

"Bookends" ist mit seinen knapp zwölf Minuten der Grund, warum wir nicht über die Länge von "Scratch It" sprechen müssen. Nun muss so ein Klotzer natürlich sitzen, und das tut der Song nur teilweise. Der flotte Schluss überzeugt, der Weg dorthin aber baut nicht auf, sondern plätschert vor sich hin. "Emptying The Jimador" liest sich versaut, meint aber ein Agavengetränk. Der Song kriegt weder den Arsch hoch, noch erschafft er Bindung. Das macht "Pay Streak" besser, das Southern und Western vereint mit seinem hochtrabenden Gesang und seiner Dramatik und Grandezza, ohne je laut zu werden. Das rockige, aber mit Handbremse agierende "No Fruit" beendet ein gutes, interessantes Album, das sich einzigartig anfühlt, ohne an allen Fronten liefern zu können.

Trackliste

  1. 1. Like James Said
  2. 2. Dear Patti
  3. 3. Firefly On The 4th July
  4. 4. The Clearing
  5. 5. Walking Song
  6. 6. Bookends
  7. 7. Emptying The Jimador
  8. 8. Pay Streak
  9. 9. No Fruit

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