laut.de-Kritik
Live-Perlen von 1967 bis 2009.
Review von Artur SchulzIm Lauf seiner Karriere hinterließ Udo Jürgens einen großen Fundus mitgeschnittener Konzerte. Bereits zu seinen Lebzeiten erschien 2013 mit "Vol. 1" eine erste Live-Best Of, der pünktlich zum Weihnachtsgeschäft nun der zweite Teil folgt. Auch wenn's damit ein wenig nach kalkulierter Geschäftemacherei riecht: Die Doppel-CD bietet einen gelungenen Querschnitt aus dem Schaffen des Künstlers.
Ein Großteil der 32 Songs setzt sich aus dem Material bereits herausgebrachter Alben zusammen, doch auch acht bislang unveröffentlichte Mitschnitte sind zu finden. Die Bandbreite umfasst dabei die Jahre 1967 bis 2009. Dankenswerterweise nehmen die sattsam bekannten, großen Hits nur einen kleinen Raum ein. Diese Kollektion beinhaltet dafür manch Perle, die nur selten den Weg ins Live-Rampenlicht fand.
Nach der "Fanfare 2000" eröffnet mit "Liebe Ohne Leiden" eine der Trademark-Nummern den Liederreigen - im Duett mit Tochter Jenny Mitte der Achtziger eingesungen. Auf "Nur ein Lächeln / Smile" folgt der Zeitsprung ins Aufnahmejahr 2009 mit Sänger Stevie Woods an Udos Seite. Hier präsentiert der Musiker einen seiner vielen mit Partner/innen zweisprachig aufgenommenen Songs, die dank dieses Kunstgriffs nahezu durch die Bank zu besonderen Repertoire-Highlights zählen.
Positiv ist die klanglich gute Aufbereitung, obwohl natürlich ganz alten Mitschnitten die Entstehungszeit anzuhören ist (wie z. B. beim "Medley 1970", das sich aus den Nummern "Warum nur, warum", "Siebzehn Jahr', blondes Haar", "Tausend Träume", "Jenny" und "Do Swidanja" zusammensetzt). Doch gerade diese angejahrten Tracks verfügen über einen besonderen nostalgischen Zauber und belegen nachdrücklich, dass Jürgens über seine ganze Karriere hinweg seine individuelle Klasse adäquat umzusetzen wusste.
In späteren Tourneejahren gelangen die Live-Versionen gerade deshalb beeindruckend, weil Udo und sein Pepe Lienhard Orchester viele Arrangements neu justierten und mitunter auch mal erweiterte Fassungen eines Songs präsentierten. Für besonders emotionale Momente sorgen die Abschiedslieder, die im Verbund mit der Interaktion durchs Publikum für reichlich Gänsehaut sorgen.
So erhält der eigentlich lässige Swinger "Danke Für Den Abend" auf einmal einen melancholischen Anstrich. Als ganz großes Kino entpuppt sich das lang ausgespielte "Da Capo", vielleicht Jürgens' schönster Song zum Thema Konzert-Ende.
Nur wenige verzichtenswerte Tracks tauchen auf dem Album auf, so z. B. das allzusehr auf ZDF-Hitparade hin konzipierte "Urlaub Im Süden". Dafür entschädigen etwa das in der Live-Version sehr luftig arrangierte "Keine War So Wie Du" oder das selbstreflektierende "Der Schuft". Einige in der Studio-Version doch etwas steril abgemischte Tracks entfalten erst live ihre ganze Strahlkraft ("Lebe Wohl Mein Halbes Leben").
Ebenfalls finden sich eine ganze Reihe von Mitschnitten, die in zeitgeschichtliche Entwicklungen eingebunden sind. Zum einen sticht da natürlich "Weißt Du Noch (Sternstunden)" hervor, das aus einem Konzert im Ostberliner Friedrichstadtpalast von 1987 entstammt und vom damaligen DDR-Fernsehen gesendet wurde. "Lieb Vaterland" hat seit den Sechzigern Konjunktur und erweist sich nach all den Jahrzehnten als auch heute noch immer aktuell. Ist der Sänger mittlerweile tatsächlich "Bis Ans Ende Meiner Lieder" angekommen, belegt diese Zusammenstellung einmal mehr, welch einzigartigen Künstler die Musik deutschsprachiger Zunge mit dem Tod Udo Jürgens' verloren hat.
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