laut.de-Kritik
Wie "Alice In Wonderland" auf Acid.
Review von Michael EdeleUm das dritte Unexpect-Album "Fables Of The Sleepless Empire" ranken sich Fragezeichen. Schon vor dem Sommer gab es das Album als Download, dann hat sich offenbar auch ein Label gefunden und irgendwo gibt es die Scheibe bestimmt auch physisch zu kaufen. Wo? Keine Ahnung!
Ähnlich wirr und schräg klingt einmal mehr die Musik der Kanadier, die 2007 bereits auf "In A Flesh Aquarium" ganze Synapsenbündel in den kollektiven Suizid getrieben haben. Drei Wertungspunkte waren für diese akustische Irrfahrt definitiv zu wenig, dieser Fehler wird mir mit "Fables Of The Sleepless Empire" nicht wieder passieren. Auch wenn einem nach jedem Durchlauf der Scheibe die Hirnrinde prickelt - das ist es auf jeden Fall wert.
Sanft, fast ätherisch steigt Sängerin Leïlindel langsam in den Opener "Unsolved Ideas Of A Distorted Guest" ein, ehe es jazzig verspielt und ohne akustisches Vollgas losgeht. Obwohl sich Leïlindel immer sanft bleibt, wird einem langsam aber sicher klar, dass man hier in etwas hinein geraten ist, dessen Ausgang man beim besten Willen nicht absehen kann. Hinter jeder Ecke wartet eine Überraschung.
Kein musikalisches Break deutet auch nur ansatzweise an, in welche Richtung die Reise gleich weiter geht. Ein roter Faden? Fehlanzeige! Schließlich verbirgt sich hinter jeder Tür ein ganz neues Universum, selbst wenn man sich hinter dem nächsten Hügel schon wieder in vertrauten Gefilden wiederfindet.
Unexpect scheinen tatsächlich so etwas wie den perfekten Soundtrack zu den "Otherland"-Romanen von Tad Williams geschrieben zu haben. In Sachen Kopfkino sind die Bilder jedenfalls dermaßen abstrakt und grell, dass man auch von "Alice In Wonderland" auf Acid sprechen könnte.
Das technisch Machbare wird jedenfalls mehr als nur einmal ausgelotet und man mag zweifeln, ob das hier nur Mittel zum Zweck ist. So erscheint "The Quantum Symphony" im Mittelteil zunächst als vollkommen willkürliches Gegeneinanderspiel von Bass, Violine, Drums und Gitarren zu sein. Dass selbst hier tatsächlich Struktur dahinter steckt, ist auf den ersten Eindruck kaum zu verstehen.
"Fables Of The Sleepless Empire" ist ein Wagnis, auf das man sich einlassen muss und selbst dann läuft man immer noch Gefahr, von dem Album komplett paralysiert zu werden. Anstatt sich die Hirnzellen wegzusaufen, kann man auch ein paar Synapsen für den Genuss dieser Scheibe drangeben.
3 Kommentare
Herrliche Dissonanz in all meinen Ohren. Ein ambitionierteScheibe Avantgarde Metal, nur eben für mich störend ist der Mathcore (Dillinger Escape Plan), da mir das nicht gefällt. Süße Melodien werden zersprengt von chaotischen Strukturen, nur leider nicht zu einem ganzen geformt wie bei den großartigen Thy Catafalque oder dem Meister Devin Townsend zu hören. Das gelingt ihnen nicht. Progressiv und experimentell sein, ist eben die eine Sache, das ganze homogen klingen zu lassen, eine andere. Aber das ist mein Gefühl, reinhören lohnt sich.
meister edele, das neue Will Haven "Voir Dire" verdient auch eine rezension. meisterlich zu den carpe diem wurzeln zurückgekehrt mit altem sänger sage ich.
Musikalisch eine absolute Bombe, Komplexität plus Härte plus melodische Elemente. Und jetzt auch mit klarerem und weniger schepperndem Sound als auf dem Vorgänger. Top!