laut.de-Kritik

Mit Gimli und Herr Der Ringe-Chor in den Sommerurlaub.

Review von

"Es gibt inzwischen gerade im Metal so viel pseudo-symphonisches Material, bei dem es vor allem um möglichst viel programmierte Drums und Orchester aus der Dose zu gehen scheint." Zitat: Van Canto-Drummer Bastian Emig. Gut, auf programmiertes Schlagzeug müssen Van Canto dank ihm ja nicht zurückgreifen. Ein Orchester gibt's bei ihnen weder aus der Dose noch real. Aber merke: nur weil man auf diese beiden Dinge verzichtet und stattdessen alles mit Stimmen macht (und echtem Schlagzeug) kommt dabei am Ende nicht automatisch etwas weniger pseudo-symphonisches heraus.

Den Beweis liefert "Voices Of Fire". Ach, man wäre so gerne Tolkien. Da organisiert man sich extra die London Metro Voices (im Herr Der Ringe-Soundtrack zu hören) und Jonathan Rhys-Davis (Gimli), schreibt einen Roman und am Ende kommt so etwas dabei raus: Fünf gottgleiche Wesen, die eins sein sollten, trennen sich, einer verfällt dem Bösen, die anderen vier bekämpfen den Gefallenen, besiegen ihn, Friede, Freude, Eierkuchen, aber es könnte sich jederzeit wiederholen, also seid wachsam, blablabla.

"The fifth slipped into legend, the four became myths. But I remember. Harmony was broken. But the songs endure. I shall sing of the five. Of the return of the fifth. Of evil - old and unimaginable. I shall sing with a voice of fire." So beginnt Gimli die Story und man macht sich gefasst auf bedrohlich-majestätisches Klangspektakel.

Stattdessen plärrt Schunkel-Trara aus den Lautsprechern, wenn "Clashing On Armour Plates" den A-Capella-Reigen eröffnet. Man reimt "creation" auf "damnation" und "salvation", während Stefan Schmidt sein "Wah-Wah-Solo" nölt. Letzteres mag ja für eine Stimme beeindruckend sein – trotzdem würden sich die allermeisten Gitarristen ob dieses Leadsounds wohl am liebsten die Ohren amputieren.

Bleiben wir doch gleich mal beim Klang. Da können die Beteiligten noch so inbrünstig "Bumm badabumbumbum bobobobobobom"-rakkatakken und dandanden wie sie wollen – am Ende kommt beim Hörer kaum etwas davon an, weil die Mundinstrumentalisten gegen Chor und Schlagzeug einfach nicht ankommen. Gute Produktion hin oder her – das Kräfteverhältnis ist einfach unausgeglichen.

Darüber hinaus zelebriert man eben gewohnte Symphonic Power Metal-Klischees. Das Schlagzeug penetriert artig seine Doublebass-Pedale, die ohnehin an Abgedroschenheit kaum zu überbietenden Vocallines wiederholt man bis zum Erbrechen (u.a. "The Betrayal"). Zur Abwechslung gerne mal in unterschiedlichen Tempi. Alles, was einmal getragen aus den Boxen kommt, gibt's wenig später in aller Regel doppelt so schnell noch einmal. (Okay: Zumindest Ohrwurmpotenzial schaffen Van Canto dadurch.)

Bis endlich Jonathan Rhys-Davis verkündet: "Harmony has been restored." Für Bonus-Kunden folgt danach noch die ruhige "Hymn", alle anderen sind vorerst erlöst. Van Canto bleiben Van Canto – nur dass sie jetzt eben nicht mehr covern. Das mag man oder nicht, technisch ist das sicher einwandfrei, originell ganz bestimmt nicht – A-Capella hin oder her. Gutes Hand- bzw. Mundwerk allein macht eben noch lange keine gute Musik. "Kopfkino" wollen Van Canto sein. Bei "Voices Of Fire" jedenfalls wähnt man sich statt in Mittelerde eher auf der Animateursclubparty im Familienurlaub. Nur eben mit Drachen und Schlachten statt Sommer und Meer.

Trackliste

  1. 1. Prologue
  2. 2. Clashings on Armour Plates
  3. 3. Dragonwake
  4. 4. Time and Time Again
  5. 5. All My Life
  6. 6. Battleday's Dawn
  7. 7. Firevows (Join the Journey)
  8. 8. The Oracle
  9. 9. The Betrayal
  10. 10. We Are One
  11. 11. The Bardcall
  12. 12. To Catharsis
  13. 13. Epilogue
  14. 14. Hymn

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