laut.de-Kritik
Das Wiener Label spielt zum Geburtstag auf.
Review von Daniel StraubIm 1. Wiener Bezirk, am Museumsplatz Hausnummer 1, in Sichtweite des Kunsthistorischen Museums und nur einen Katzensprung vom Naturhistorischen Museum entfernt, residiert seit kurzem auch der Cheap Records Shop. Nach zehn Jahren beharrlicher Arbeit sind die beiden Labelgründer Erdem Tunakan und Patrick Pulsinger im kunstsinnigen Herzen von Wien angekommen. Klar, dass ein solches Jubiläum gefeiert werden muss. "10 Years Of Cheap Records" heißt das Geschenk der Cheap-Macher an sich selbst und alle, die ihnen über die Jahre die Treue gehalten haben.
Auf zwei Silberlingen (einer davon mit vier Mixen im mp3-Format) blicken Tunakan und Pulsinger auf die vergangene Dekade elektronischer Musik zurück, die sie mit ihrem Label nicht unwesentlich mitgeprägt haben. Ihr Projekt Sluts 'n' Strings & 909 verschaffte sich gleich zu Beginn international Gehör und darf heute unter der Rubrik Klassiker verbucht werden. In selbige fällt auch Robert Hood, der 1995 mit seinem Album "Nighttime World Volume 1" ein kurzes, aber eindrucksvolles Zwischenspiel auf Cheap Records gab.
Ebenfalls in die frühen Tage des Labels gehört das Projekt IO, bei dem neben den beiden Labelbetreibern noch Herbert Gollini als zusätzlicher Strippenzieher angeheuert wurde. Hell vertraute seinerzeit, sprich 1995, bereits auf die Acid-Grooves des Trios und ließ den Track "Station To Station" auf seinem X-Mix zu Ehren kommen.
Ende der 90er Jahre zauberten Pulsinger und Tunakan mit Louie Austen so etwas wie den Hauptgewinn aus der Cheap-Wundertüte. Der Crooner-House des charismatischen Mitfünfzigers brachte die Tanzflächen zum Rauchen. Das romantische "Hoping" oder das elektroide "Grab My Shaft" sind aus den Clubs nicht mehr wegzudenken. Der Altmeister zeigte den Jungen, wie man richtig Party macht, ohne dabei Style und Würde gleich mit über Bord zu werfen. Ein wahrer Hauptgewinn.
Es zeichnet die Wiener Cheap-Macher aus, dass sie sich in ihrem zehnjährigen Bestehen nie um Konventionen scherten. Stets stand der Sound in seinen vielen Facetten im Vordergrund. Während andere Labels mehr oder minder treu gewissen Subgenres huldigen, lassen sich die Cheap-Releases nicht in derartigen Kategorien fassen. Hier darf Minimalistisches von Robert Hood neben Schrägem von Khan oder Rockendem von Twinnie stehen.
'Open minded' verkommt bei Tunakan und Pulsinger nie zum bloßen Lippenbekenntnis. Ein Grund mehr, einem der interessantesten Labels der Szene auch in den nächsten zehn Jahren die Treue zu halten. Denn was wäre das Leben ohne Überraschungen, gerade wenn es um Kunst geht.
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