laut.de-Kritik
Wirkt auch jenseits des Valentinstags.
Review von Artur SchulzVerdammt, Valentinstag. Noch so ein von herzlosen Seelen aufgepropfter "Feiertag" wie Halloween oder das Gedenken an den heiligen Reissack. Durch die bloße Propagierung lösen sie heftige Abwehrreaktionen bei vielen Mitbürgern aus. Der Valentinstag besonders bei denjenigen, denen einfach nicht zum schmusigen Herumvalentinen zumute ist. Vor allem, wenn der/die Liebste vor 17 Stunden im Bett mit einer/einem Anderen erwischt wurde, man in einer Scheidung steckt oder eh nur eine Katze zum Streicheln hat.
Sei's drum: Alle Jahre wieder liegen sie in den Regalen - diese Zusammenstellungen mit so verlockenden Bezeichnungen wie "Dawn Of The Dead - The Best Of Lucifer's Kuschelrock", "Fliegende Herzen - Erinnerungen an Christian Barnard" und "Manisch depressives Emu auf Valentinsspeed" (Original-Copyright: Kollege Kraus). 2006 heißt sie also "Ich liebe Dich Vol.1" und kommt recht schmucklos mit schlichtem Cover daher. Immerhin: Auf neidisch oder betrübt stimmende Fotos von glücklich knutschenden Pärchen vor irgendwelchen Studio-Sonnenuntergängen ist verzichtet worden. Zudem enthält die Songauswahl allerlei hörenswerte, kleine und große Pop-Perlen.
Hier wurde darauf verzichtet, zum drölfzigtausendstenmal Anthony Quinns "I Love You" oder Barry Whites "Just The Way You Are" neben irgendwelchen Biedermann-Connor-Singsang zu stellen. Die üblichen Verdächtigen sind nicht zu entdecken, dafür findet sich eine abwechslungsreiche Zusammenstellung von Künstlern aus verschiedensten Stilrichtungen, die einen harmonischen Eindruck vermittelt. Stlistisch stehen sanfte Soulgrooves neben House und unaufdringlichen Hip Hop-Klängen.
Eröffnet wird der musikalische Liebesreigen mit Minnie Rippertons Soulballade "Lovin' You" aus dem Jahre 1974, das kein geringerer als Stevie Wonder produzierte. Wärmend knistert "Lightning Fire" von Lemongrass, Shirley Bassey bietet mit ihrer Version des "Love Story"-Songs "Where Do I Begin" eleganten Big-Band-Sound mit klarer, vibratoreicher Stimme. Ein Höhepunkt ist Mandalays 7" Canny-Mix von "Beautiful". Als einziger deutschsprachiger Beitrag ist Sabrina Setlurs "Liebe feat. Glashaus und Franziska" enthalten.
Kein Wunder: Kompiliert wurde der Sampler von Paper Chase/3p, da ist dieser Ausriss nachvollziehbar. Das verwöhnte Ohr wird entschädigt mit José Padillas Adaption des Burt Bacharach-Klassikers "The Look Of Love". Die ewig unterschätzte Randy Crawford überzeugt mit "Are You Sure". The Sushi Club ist mit "Tokai" vertreten. Umschmeichelnd: "Conmigo feat. Sol Galarreta" von Fous De La Mer. Das Finale bestreitet Tenor Lucio Dalla mit einer Hommage an "Caruso". Stephen Galloway, De-Phazz und Craig Armstrong - weitere vertrauenswürdige Namen verführen mit handverlesenen Tracks.
Diese Kompilation eignet sich auch jenseits des 14. Februar ganz vorzüglich zu verschiedensten Gelegenheiten. Etwa als Hintergrund-Begleitung zum Solo-Abendessen oder einsamen Trinken um Mitternacht. Am besten natürlich zum ersten Kuss mit seinem persönlichen Objekt der Begierde, der anschließend in eine wunderbare Freundschaft mündet. Dann hat "Ich liebe Dich Vol.1" auch fern vom Valentinstag seinen Zweck erfüllt.
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