laut.de-Kritik
Das musikalische Reisetagebuch entpuppt sich als Label-Sampler.
Review von Kai Kopp"Zwei Männer, zwei Kontinente, 15.000 Meilen Adrenalin und Abenteuer!" Klingt nach schwarzem Kaffee, Blechtassen, Lagerfeuer, Schlafsack, Marlboro und ... Harley Davidson! "Long Way Down" ist nämlich der Soundtrack zur sechseinhalb-stündigen DVD, die die Abenteuer von Ewan McGregor und Charley Boorman in Bilder und Klänge fasst. Die beiden Glücksritter sind mit ihren Bikes im Mai 2007 von der schottischen Küste in Richtung Südafrika gestartet. 18 Länder und drei Monate später erreichen die beiden Kapstadt.
"Long Way Down war eine fantastische Reise und es ist ein wirkliches Privileg für mich, diese vielfältigen und wunderschönen Plätze kennen lernen zu dürfen. Wir haben so viele verschieden Lebensräume und abgelegene Gegenden gesehen, diese Möglichkeiten haben leider nur die wenigsten. Die Mischung aus Freiheitsgefühl und Entdeckertum ist kaum zu beschreiben", schwärmt McGregor mit glänzenden Augen von der Reise.
Im Beipackzettel ist die Rede von der Crème de la Crème der aktuellen afrikanischen Musikszene. Ein Blick ins Booklet offenbart jedoch die Botschaft zwischen den Zeilen. Hinter "Long Way Down" verbirgt sich im engeren Sinne ein Best-Of-Sampler von Peter Gabriels renommiertem World-Music-Label Real World. Veröffentlichungen aus den Jahren 1989 bis 2007 liefern das Material, das die 'aktuelle afrikanische Musikszene' beschreibt.
Ich persönlich finde es ja eine gute Idee, dem Format 'Label-Sampler' einen neuen Anstrich zu verleihen. Die Verpackung als Soundtrack für einen im Nachhinein gedrehten Film ist doch eine hübsche Illusion. Dennoch, "Long Way Down" zeigt eher einen Querschnitt über das Schaffen von Real World, als eine Übersicht über die aktuelle afrikanische Musikszene.
Der rote Faden, der die afrikanisch inspirierten mit den westlich orientierten Beiträgen verbindet, bleibt auf rein auditiver Ebene schlecht greifbar. Und nur das Kopfkino einzuschalten reicht bei "Long Way Down" nicht aus. Wer das Celluloid nicht kennt, könnte von einem heillosen musikkulturellen Durcheinander sprechen. Die 30.000 Käufer des Vorgängeralbums "Long Way Round", das demselben Prinzip folgte, dürften also DVD-Besitzer sein.
Anders ist nicht zu erklären, was den Stereophonics Lagerfeuer-Country-Opener "Long Way Down" mit Maryam Mursals "Somalia, Don't Shame Yourself" verbindet. Auch "Ye Ye Ye" (Geoffrey Oryema) hat mit dem clubtauglichen "Shadowman" des Afro Celt Sound Systems wenig gemein. Diese Liste ließe sich beliebig ergänzen. Was man dem vorliegenden Sammelsurium also nicht vorwerfen kann, ist Einseitigkeit und Monotonie. Stilistischen Abwechslungsreichtum verspricht und hält "A Long Way Down".
Musikalische Botschaften aus Libyen, Äthiopien, Sudan, Ruanda, Sambia, Botswana, Namibia und Süd Afrika stellt Compiler Gabriel neben Rockiges, Countryeskes, Ambientes und Singer/Songwriterhaftes. Doch "A Long Way Down" begnügt sich nicht mit einem retrospektiven Blick. Eine Schau in die Zukunft wagt der Opener des zweiten Silberlings. 'Big Blue Ball', ein Multi-Artist-Projekt unter der Regie von Peter Gabriel, vereint auf "Whole Thing" Musiker aus Rock und World. Das bereits fertig gestellte Album soll noch in diesem Jahr erscheinen.
Noch keine Kommentare