laut.de-Kritik
Zeit genug hat er ja ...
Review von Mathias MöllerImmer wenn ich im Stadionheft meines Lieblingsvereins die Spielerportraits durchblättere, jagt es mir kalte Schauer über den Rücken. Was ich da unter dem Punkt "Lieblingsmusik" lesen muss, lässt mich regelmäßig verzweifeln. Techno, Chartmusik und Black Music stehen ganz oben in der Spielergunst. Die erste Bundesliga des guten Geschmacks ist das nicht grade.
Nun sind meine lila-weißen Berliner nicht der FC Bayern, und ein Viertligakicker kein Mehmet Scholl. Der hat nämlich Ahnung von Mucke, die die Tanzflächen füllt wie den Strafraum der Eckball. Suggeriert uns der schon zweite Teil von "Mehmet Scholl Kompiliert". Viel Zeit hat er ja, so wenig wie er zuletzt gespielt hat.
In der Tat erscheint die Compilation wohl ausgesucht. "Fresh Feeling" von den Eels gibt einen schönen Einstieg in das fröhlich (brit-) poppende und alternativ rockende Hörerlebnis. Mit "The Masterplan" findet sich ein eher bekannter Track, aber Oasis passen natürlich gut, sind sie doch auch Fußballfans und haben - wie Scholl sicher auch - eine ausgesprochene Antipathie gegen Manchester United. Scholl schafft es sogar, einen Flaming Lips-Zweifler wie mich mit "Fight Test" zu bekehren. "Three Lions", die Fußballhymne schlechthin, darf nicht fehlen (wieso war die eigentlich noch nicht auf Teil eins der Zusammenstellung?).
Mit Readymade, den Sportfreunde Stiller (von denen nur einer Bayern-Fan ist und zwei Löwen-Fans), Slut und Miles sind auch die üblichen alternativen Verdächtigen aus deutschen Landen vertreten. Opportun schien es auch, Wir Sind Helden mit an Bord zu nehmen. Dazu tummeln sich ein paar Klassiker wie die Charlatans, der Teenage Fanclub und Mercury Rev. Ein wenig breiter gefächert gerät das Panoptikum "Mehmet und sein Plattenschrank" durch The Cooper Temple Clause und Black Rebel Motorcycle Club.
Eine gute Mischung, auch wenn die Songs alle nicht neu sind, sondern zum Teil als Singles wie das feist rockende "Easy To Love" von Slut oder das penetrante "Guten Tag (die Reklamation)" von Wir Sind Helden, zumindest aber als Albumtracks bereits erschienen. Trotzdem interessant sind die aparthe "Friday I'm In Love"-Interpretation von Readymade und SF Stiller, oder auch Death In Vegas' "Scorpio Rising", bei dem Pöbelkönig Liam Gallagher himself singt.
Scholl kann auch in der zweiten Halbzeit das spielerischen Niveau halten. Schade ist nur, dass der Hörer nicht erfährt, wie der ehemalige Karlsruher über die Musik denkt, die er uns da vorsetzt. Aber so läuft es bei den Bayern. Wenigstens bieten sie immer hohes Niveau.
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