laut.de-Kritik
Feinste Indie-Newcomer aus dem Vereinigten Königreich.
Review von Martina KellnerOkay, Zeit fürs Outing: Mein Herz gehört den Briten! Nicht unbedingt aufgrund der landschaftlichen Schönheit, der touristischen Sehenswürdigkeiten oder kulinarischer Spezialitäten (ich sage nur Baked Beans, Lammfleisch mit Minzsauce oder Haggis), sondern aufgrund ihrer fantastischen Musik. Ganz besonders liebe ich britischen Indie-Rock. Zu meinen derzeitigen Lieblingsbands zählen Forward Russia, The Automatic und die Klaxons (um nur die Top 3 meiner endlos langen Liste zu nennen).
Um an den neuesten, heißen Britrock-Scheiß ranzukommen, tue ich fast alles und für ein Date mit Carl Barât würde ich sogar meine Seele an den Teufel verkaufen. Soviel zu meiner Verbundenheit mit dem Vereinigten Königreich. Grund für dieses öffentliche Liebesbekenntnis ist die vorliegende CD "New British Invasion Vol. 2", die feinsten Newcomer-Indie-Sound made in Britain liefert, wie der Inhalt verspricht. "Ein wahres Fest für meine Ohren", denke ich mir und lege die Scheibe gleich ein. Zwischenresümee: Ein großes Lob an Firestation Records für ihren unerbittlichen Einsatz im Kampf gegen den schnöden Mainstream.
Das Berliner Label hat es sich scheinbar auf die Fahnen geschrieben, junge und bislang noch recht unbekannte britische Bands zu featuren und diese auf dem deutschen Musikmarkt zu präsentieren. Bereits beim ersten Sampler bewies das Berlin-Label einen erstaunlich guten Riecher, was Hits bzw. Hypes angeht. Zu Gast auf Part One: The Pipettes, Milburn, Harrisons oder Redcarsgofaster. Und auch die zweite Compilation bietet allen Grund zu überschwänglicher Freude und Hype-Geschrei. Mit dabei sind aufstrebende Talente wie The KBC, Dirty Little Faces, WinterKids oder The Jakpot.
Die eine oder andere Band hat es sogar schon zu gewissem Ruhm gebracht, manch eine hat dagegen noch nicht mal eine eigene Myspace-Seite (!), von einem Plattendeal ganz zu schweigen. Dass man trotzdem erfolgreich durchstarten kann, zeigen schonmal The Jakpot. Die vier Manchester-Jungs werden bereits von gestandenen Indierock-Größen wie Maximo Park oder Pete Doherty als Support-Act gebucht – angeblich spielten sie auch auf der Geburtstagsparty des Babyshambles-Sängers.
Ihr "British Invasion"-Beitrag heißt "Too Much Time" und besticht durch treibende, flotte Drums und einem packenden Rhythmus. The Wombats liefern den Opener – ein poppiger Disco-Indie-Knaller, der stark an The Cribs erinnert. "Whooooooooo"-Refrains lassen aber auch Parallelen zu den Beach Boys erkennen. Wärmstens zu empfehlen ist der KBC-Track "Pride Before The Fall", ein sehr dancelastiges Stück – Kategorie: Disco House meets Indie. Die elektronischen Beats stehen im Vergleich zu den Gitarrenriffs eindeutig im Vordergrund, was jedoch nicht verwundert, wenn man weiß, dass die Jungs große Fans von Daft Punk oder den Chemical Brothers sind.
Soundtechnisch sowie gesanglich erinnern The KBC stark an The Sunshine Underground. Eine weitere Perle dieses Samplers ist der Folgetrack "Finding It Hard". Die Dirty Little Faces – Tom Short, Liam Batkin, Chris Ebbs und Johnny B – überzeugen mit eingängigen Lyrics, griffigen Rock'n'Roll-Gitarren und charmantem Cambridgeshire-Dialekt. Ich bin im Übrigen auch ein großer Fan des vornehmen englischen Akzents. Deswegen muss ich an dieser Stelle die Jungs von Horsebox und die WinterKids lobend erwähnen – Prädikat "sounds very, very british".
"The Stupid Parts Of Town" kennzeichnet sich durch eine eingängige Melodie inklusive heiterem Xylophongeklingel. "I'm Not Used To You" setzt sich durch flippige Synthesizersounds und funky Rhythmen ab. Die WinterKids haben mit ihrer New Wave/Alternative/Folk Rock-Mischung schon für allerlei Wirbel auf der britischen Insel gesorgt. In Kürze bringt das Quintett aus dem Süden Englands den ersten Longplayer ("Memoirs") raus.
Für alle Fans von markantem Frauengesang dürften die Scanners genau das Richtige sein. "Lowlife" ist ein semtimental-trauriger Song über gescheiterte Beziehungskisten und enttäuschte Gefühle ("It's like a love that's turning sour. Its letting go. This is a low."). Wesentlich fröhlicher geht es bei den Schotten von Yellow Bentines zu. Die verzücken mit flockigen Handclaps und beschwingten Trompetensoli. The Orphans begeistern in "Looks Like Trouble" mit euphorisch, pompösen Keyboardklängen und lassen Erinnerungen an Bands wie Boy Kill Boy oder The Unisex wach werden.
Zu guter letzt sei noch auf "She Don't Know" von The Chapman Family verwiesen – extravaganter Disco Noir/New Wave-Sound, der sich leicht depressiv, zugleich aber auch nach viel schwarzem Humor anhört. Mein Fazit: Gewiss ist nicht jeder Compilation-Song ein Knaller und mit Sicherheit wird auch nicht jede der gefeaturten Bands groß durchstarten - das Gros der Beiträge überzeugt dennoch sehr. Fans von britischem Indie-Rock werden aber auf jeden Fall viel Spaß an der "New British Invasion Vol. 2" haben. Das Album bietet einfach einen detaillierten Einblick in die junge UK-Musikszene. Bleibt mir abschließend nur noch folgender Schlusssatz: God kill the Queen and save brit rock!