laut.de-Kritik
Richie Hawtins Micro-Design-Statement.
Review von Daniel StraubElektronische Clubmusik war in den vergangenen Jahren vor allem durch eine wesentliche Entwicklung gekennzeichnet: die Reduktion der verwendeten Sounds.
Der einzelne Klang erfuhr dadurch eine spürbare Aufwertung. Kein Wunder also, wenn gleichzeitig das Sounddesign enorme Fortschritte gemacht hat. Kaum ein Label steht so sehr für konzeptionellen Minimalismus und detailliertes Sounddesign wie Minus. Jetzt dokumentiert die Compilation "Nothing Much - A Best Of Minus" den Einfluss des Labels auf die Entwicklung elektronischer Tanzmusik von 1998 bis heute.
Zwei CDs hat Label-Chef Richie Hawtin dafür zusammen gestellt. Die erste umfasst insgesamt elf Tracks und darf als die eigentliche "Best Of" gelten. Hier finden sich die wichtigsten Maxi-Releases der vergangenen Jahre, ergänzt um den ein oder anderen weniger bekannten Track. Die zweite CD erlaubt in der Folge mit nicht weniger als 25 Tracks einen vertiefenden Einblick in den Minus-Backkatalog. Für den leichten Abgang in Richtung Trommelfell sorgt der Mix von Troy Pierce. Die zweite CD hört auf den Titel "Something More".
Zunächst jedoch legt "Nothing Much" mächtig vor. Hier reiht sich Hit an Hit. Dunkle Elektro-Töne wie bei Magdas "48 Hour Crack In Your Bass" sind genauso zu finden, wie der organisch-luftige Afterhour-Minimalismus des Loco Dice-Stücks "Seeing Through Shadows". Richie Hawtins Micro-Design-Statement "The Tunnel" ist hier genauso zu hören, wie Mathew Jonsons industriell futuristische Rave-Hymne "Decompression" und der Troy Piece-Hit "25 Bitches".
Neben diesen Standards, manche sprechen schon von Klassikern, haben es auch zwei aktuelle Stücke auf "Nothing Much" geschafft. Zum einen ist hier die neueste Single von Mathew Dear alias False zu hören. Zum anderen gibt sich der Minus-Newcomer JPLS mit seinem bislang besten Stück, dem verspielt melodischen "Green01" im Skoozbot-Remix die Ehre. Mit Gaiser, Marc Houle, Heartthrob und Ambivalent kommt so ziemlich der gesamte Minus-Artist-Pool mit einem Track zum Zug.
Die Zugabe spielt auf der zweiten CD Troy Pierce. Im Mix bringt er 25 Stücke zusammen. Hier werden mit Tactile, Niederflur, Run Stop Restore, I.A. Bericochea und Berg Nixon die im ersten Teil vernachlässigten Minus-Artists vorgestellt. Eine ähnliche Soundphilosophie verbindet jedoch die unterschiedlichen Künstler des Labels und gibt dem Set von Pierce seine starke innere Stringenz. Die Stimmung ist erwartungsgemäß dunkel, von kurzen Aufhellungen einmal abgesehen.
Richtig Lust zum Tanzen kommt allerdings selten auf. Erst ganz am Schluss wird der Groove mit JPLS und Marc Houle kurz einmal konkret. Vielleicht auch deshalb, weil Pierce die großen Hits fast zur Gänze ausspart. Minimalismus ist auf "Something More" in erster Linie eine Kopfsache. Das Doppel aus "Nothing Much" und "Something More" bietet insgesamt jedoch einen soliden Einblick in eines der wichtigsten Technolabels der Gegenwart. Ob in der Reduktion auch weiterhin die Zukunft liegt, bleibt indes abzuwarten.
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