laut.de-Kritik
Unerwartete Kollabos, die zum Teil in kreative Genialität münden.
Review von Stefan JohannesbergNa endlich. Als eigentlich niemand mehr damit rechnet, veröffentlichen die Undergroundverräter von Rawkus nun doch den dritten Teil ihrer legendären Soundbombing-Reihe. Das einstige Independentvorzeigelabel steht nach der Übernahme vom Major MCA am Scheideweg. Und so kann die Devise für diese Platte nur heißen: Hopp oder Topp. Falls sich die Hip Hop-Headz rund um den Globus mit Teil III anfreunden können, besteht noch berechtigte Hoffnung für die längst angekündigten Werke von Talib Kweli, Mos Def und Konsorten. Sollte die Scheibe jedoch floppen, hat wohl das letzte Stündchen geschlagen, siehe die Kollegen von Loud und Tommy Boy.
Und so schickt das Label logischerweise die Crème de la Crème ins Rennen, um noch zu retten, was zu retten ist. Alle namhaften Rawkus-Künstler wie Talib Kweli, Hi-Tek, Kool G Rap, Mos Def, Pharao Monch, Q-Tip oder den Cocoa Brovaz sind vertreten. Doch damit nicht genug. Der Erfolgszwang lastet so immens auf den Verantwortlichen, dass zudem eine ganze Riege Big Names wie Method Man, The Beatnuts, Rocwilder, DJ Quick, CNN oder Missy Elliott eingekauft wurden.
Der Aufwand hat sich gelohnt. Das Resultat kann sich mehr als hören lassen, denn unter dem angesprochenen Druck laufen fast alle Beteiligten zur Höchstform auf. Das gilt besonders für die ungewöhnliche Kollabo von Pharao Monch mit dem The Lox-Gangster Styles P. Der Ex-Organized Konfusion-Rapper zeigt auf "My Life" wieder einmal seine raptechnische Wandlungsfähigkeit, indem er nur den Refrain einsingt! Auch der für lyrische Feinheiten nicht gerade bekannte Styles bewegt sich über dem originellen Eastcoast-Beat erfreulicherweise im grünen Bereich.
Doch dieses Duett ist nur das Sahnehäubchen auf einer Reihe von völlig unerwarteten Verbindungen, die zum Teil sogar in kreativer Genialität münden. Wer erwartet bei "Freak Daddy" schon, einen wütend rappenden Mos Def über einen Da Rocwilder-Beat zu hören? Dass der Rapproduzent dann auch noch ausnahmsweise seine hektischen Synthie-Orgien zu Hause gelassen hat und statt dessen tief in gitarrenlastigen Led Zeppelin-Gefilden wildert, setzt dem Wahnsinn fast die Krone auf.
Ein ähnlich hohes Konfliktpotential hätte man spontan auch der Zusammenarbeit von New Native Tongue-Aushängeschild Talib Kweli und Westcoast-Bouncer DJ Quick bescheinigt, aber wider Erwarten funktioniert "Put It In The Air" vorzüglich. Der rüstige Rest wartet zwar nicht mit einer solchen Hülle und Fülle an Überraschungen auf, was jedoch nicht heißt, dass es hier an Klasse fehlt. Die Tracks von Common, The Beatnuts, Q-Tip oder den Roots siedeln sich deutlich über dem Mittelmaß an und sorgen für ein gelungenes Comeback von Rawkus. Merke: Die Hoffnung stirbt zu Letzt.
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