laut.de-Kritik
In meiner Hose ist die Party!
Review von Michael SchuhFrankreich - Soundtracks - 70er - nackte Frauenbrust. Vielleicht nicht die naheliegendste Assoziationskette, ein Spielverderber aber, wer bei diesem Cover nach Gegenargumenten sucht. Auch ich benötige lediglich zehn Minuten, um mich an den wahren Existenzgrund einer CD zu erinnern und schließlich landet das Ding tatsächlich im Player. Das gewitzte Berliner Label "Crippled Dick Hot Wax!", das uns schon den "Popshopping"-Sampler und Herrn Rossis unvergessene Abenteuer auf Longplayer bescherte, fährt wieder mit dicken Nippeln auf!
Der Spaß geht über 18 Filmmelodien mit Startschuss im spätgaullistischen Frankreich und beginnt mit dem Track "Sexopolis", der die Party-Richtung vorgibt und gleichzeitig den Bogen zum Coverartwork spannt. Groovebetont und funky spult sich da ein Hammond infizierter Disco-Schwofer in die Ohrmuscheln und prompt hat man sie vor sich: die Filmszenen im Schlafzimmer, als die langen Vorhänge noch orange, die Teppiche dunkelrot und unter den runden Deckenlampen die Protagonisten im turtelnd nackten Schweiße das Spannbetttuch besudelten.
In meiner Hose ist die Party! So und nicht anders muss das Motto der Wah-Wah-Gitarren, Perkussion, Elektronik, Flöten und sonstigem Instrumentarium damals gelautet haben. Und ist dem mal nicht so, sprechen Titel wie "Haschisch Party" oder "L.S.D. Party" für sich. Dank dem "Shaft"-Remake ist auch dessen grandiose Titelmelodie von Isaac Hayes letzten Sommer erneut dem Disco-Tüv unterzogen worden. Der '71er-Klassiker des Blaxploitation-Genres, das in etwa zeitgleich passierte, darf getrost als Messlatte für vorliegende Kreativschübe aufgeführt werden.
Ob Stereolab jemals etwas von Karl Heinz Schäfer gehört haben, werden wir wohl nie erfahren, sein knapp zweiminütiges "Kidnapping" jedenfalls hatte schon vor dreißig Jahren den jazzy Lounge-Groove mit Glockenspiel. "OK Chicago" versprüht dagegen den actionreichen Charme des Trailers der "Straßen von San Francisco", Schusssalven und Sirenengeheul inbegriffen. Zu den vorwiegend instrumentalen Streichen gesellt sich das wilde Organ von Francis Lai, die Shirley Bassey ins Vorprogramm brüllen würde und der katzenkrallige Vokalsex bei "Pétrol Pop", bei dem auch ich meinen TDI vor Verzückung mit Benzin volltanken würde ...
Kurz: eine Ansammlung mysteriös verführender French Themes, die mit 16-seitigem Booklet samt Filmplakatabbildungen den Wert des Kaufpreises in jedem Fall rechtfertigen sollten.
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