laut.de-Kritik
Eine kollektive Verneigung vor dem Vater des Country.
Review von Erich RenzAls Hank Williams am Neujahrstag 1953 mit nur 29 Jahren verstarb, hinterließ er ein bescheidenes Vermächtnis: 30 Singles, davon elf Spitzenplatzierungen in den USA zwischen Dezember 1946 und September 1952. Und vier Büchlein, die er verstaut hatte, randvoll mit Notizen und Fragmenten. Es schien zunächst, als müsse er seine Gedanken mit ins Grab tragen.
Seine Mutter Jessie gab die Manuskripte an den Verleger Fred Rose weiter, doch die meiste Zeit über waren sie in sicheren Tresoren Nashvilles gebunkert. Unter der Federführung von Bob Dylan entstand nun das Vorhaben, die Texte des Country-Monseigneurs wenn nötig zu vervollständigen, in jedem Falle aber musikalisch zu würdigen.
Die DNA von Williams ist bei allen unschwer zu erkennen, die in den "Lost Notebooks" eine Ehrerweisung an ihn richten. Man merkt seinen Jüngern an - seien es die Altvorderen Lucinda Williams und Merle Haggard oder die modernen Grenzgänger Jack White und Norah Jones - dass sich Hanks Erbgut in ihren Katalogen verankert hat.
Letztere verzaubert mit ihrem halb Ton-, halb Atem-Cocktail "How Many Times Have You Broken My Heart?". Bob Dylan näselt sich durch "The Love That Faded", Jack White legt seine Eigentümlichkeit in "You Know That I Know" ab und beweist, dass er im originären Country abseits von Verzerrern gut aufgehoben ist.
Zum Schluss kommt es so, wie es muss: Der Prophet kommt zum Berg. Merle Haggard kauderwelscht zuckersüß in "The Sermon On The Mount": "He blessed the poor and simple /And he brought the mourners joy / He came to hear the blind and lame / They came not to destroy."
Verzweiflung, Vereinsamung, Verlust. Der Schöpfer dieser grauen Wolken war deshalb so geachtet, weil er besonders für das von Krieg und Großer Depression gebeutelte amerikanische Volk der sehnsüchtig erwartete Stellvertreter war. Er sprach für die emotional Ohnmächtigen. Brachte es auf den Punkt, die Freuden, das Heimische, die menschlichen Spannungen, das persönliche Elend. Sie rechneten ihm das im Gegenzug hoch an.
Seine Enkelin Holly Williams, die mit dem schmachtenden "Blue Is My Heart" an dem Projekt beteiligt ist, sagte, dass Hank Williams' Songs eine Reinheit haben, die immer noch ins Mark treffen. Man kann ihr Recht geben, obgleich diese Lieder von fremden Federn stammen.
1 Kommentar
Werds mir definitiv mal anhören. Die Beschreibung des Jones-Song klingt schonmal vielversprechend und Haggard wirds eh rocken, dafür isser da. Nebenbei : Der Vater des Country, oder Father of Country ist offiziell Jimmie Rodgers um mal n paar korinthen zu kacken.