laut.de-Kritik
If you're traurig, and you know it, clap your hands!
Review von Philipp GässleinWer nach Hip Hop-Events in Thüringen sucht, kommt an dem Namen Zughafen nur schwerlich vorbei. Diese Club-Aufnahmestudio-Jugendhaus-Mixtur bietet nicht nur Erfurts derzeit wohl berühmtestem Sohn, Clueso, eine musikalische Brutstätte, sondern beteiligt sich auch dick an einer der wichtigsten europäischen Veranstaltungen der Hip Hop-Kultur: Dem Battle Of The Year.
Nun erscheint der erste Sampler, und ziemlich schnell ist klar, wo Clueso seinen seltsamen Reggae-Rap-Stil gelernt hat. Genres werden hier gar nicht weiter klassifiziert sondern ganz frech zusammen gemischt. Ein dicker Packen grooviger Reggae, sehr langsamer Elektrosound, Trip Hop-Elemente, R'n'B und immer wieder Sprechgesang.
Metaphysics bringt seinen Part zu "Love" so cool abgeklärt, als stünde er neben dem Pianospieler in einem Nobelrestaurant und orientiert sich ein wenig an den Fun Lovin Criminals. Norman Bates' Vorbild heißt Nico Suave, der Beat kommt mit einer orientalischen Geigenmelodie und rollenden Bässen genauso eindrucksvoll wie RZAs"Reunited". Den armen Tilmann Jarmer möchte man, da dieser auf die Akkorde von "Hotel California", die Snare von Timbaland und die Bassdrum von Busta Rhymes nur "Traurige Lieder" schreiben kann, beinahe in den Arm nehmen. "If you're traurig, and you know it, clap your hands."
Das ordentlich durch den Mixer gezogene "Never Say" steht beispielhaft als Indikator für die Stilfreiheit der Compilation. Ein derartiges Stück würde man eher auf einer Morcheeba-Platte vermuten als mitten unter Raptracks - dennoch passt es hervorragend ins Konzept. So richtig straighten Rap gibt es eh nur bei der Grand Agent/Clueso - Collabo "Don't The Video" und dem Track von Perverted Monk auf die Ohren.
Grandios ist auf jeden Fall der Remix von Blumentopfs "Mein Block" ausgefallen. Der neue Beat vermag die gleichzeitig glückliche wie auch kritische Stimmung viel besser zu transportieren als der von "Gern Geschehen". Die Instrumentals "Deep Marbert" und "In A Land Of Funk" schlagen ein wie Bombe, wenn auch in Hälfte zwei das Gesamttempo ein wenig zu stark nachlässt. Herrausragen kann lediglich noch die Collabo von Laas MC und Rasputin, "Geisterstadt".
Insgesamt stellt sich der Zughafen in einem sehr interessanten Licht dar, als Plattform, in der Künstler unterschiedlicher Genres gekonnt zusammenarbeiten. Man darf gespannt sein, wer von ihnen als nächstes Cluesos Weg zum Ruhm geht. Verdient hätten es einige.
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