laut.de-Kritik
Es liegt eben in der Natur des Rappers, sich zu bekriegen ...
Review von Alexander EngelenEs liegt in der Natur des Menschen, sich zu bekriegen. Ice-T gegen Priority Records, The Hit-Squad gegen The Def Squad, LL Cool J gegen Canibus, K-Solo gegen DMX, KRS-One gegen Nelly und Royce Da 5' 9'' gegen D-12.
Dass die Hip Hop-Bewegung aus Gangstern und profilneurotischen Schwachmaten besteht, wissen wir bereits. Dass deren liebste Beschäftigung das Beleidigen der jeweils anderen und das Kratzen am gegnerischen Ego ist, beweist diese DVD.
Aber mal ehrlich. Eigentlich ist es ja gar keine schlechte Idee, die die Produktionsfirma QD3 Entertainment da hatte. Ködern die konsumfreudige jugendliche Käuferschicht mit Namen wie 50 Cent, Eminem, Nelly, Method Man und Redman (um nur einige Wenige zu nennen) und lassen den Oldschool-Cats des Genres mehr Redezeit als den werbeträchtigen Jungspunden. Edutainment also. Wen wundert es da, dass derjenige, der diesen Ausdruck wie kein zweiter Rapper geprägt hat, so oft wie möglich seine Sichtweise über den Bildschirm schicken darf: KRS-One.
"Beef II" nimmt sich nun schon zum zweiten Mal der Aufgabe an, über die Battle-Mentalität im Hip Hop aufzuklären und die spektakulärsten Fälle "nachdenklich, ausgewogen und unterhaltsam" (O-Ton im Booklet) zu präsentieren. Das gelingt den Produzenten auch im Großen und Ganzen. Neben wenigen unterirdischen Ausnahmen erzählt der Schauspieler Keith David die Auseinandersetzungen zwischen den Berühmten und den weniger Bekannten der Szene. Die Highlights dabei sind sicher die Auseinandersetzung zwischen D-12 und Royce Da 5' 9'', bei der einmal wirklich ausgewogen beide Parteien zu Wort kommen. Eminem zwar exklusive, aber immerhin.
Interessant ist auch die Fehde zwischen den Latino-Rappern Cypress Hill und der Westside Connection, bestehend aus Ice Cube und Mack 10. Anschaulich zeigen beide Parteien auf, wie schnell ein vermeintlicher (?) Plagiatsvorwurf seine Kreise ziehen kann. Schön ist bei beiden Beispielen, dass sich die Jungs auch nach unter den Gürtel gehendem Schlagabtausch wieder vertragen. Der Klügere gibt nach, das gilt für alle. So lernt man doch, dass der Hip Hop-Zirkus schnell herausgefunden hat, dass das Dissen anderer Künstler sowohl Karrieren zünden wie auch Alben verkaufen kann.
Die weniger glorreichen Auftritte sind diejenigen, bei denen die Aussagen der Gegenseite fehlen. Da lässt sich etwa K-Solo an einen Lügendetektor anschließen, um sich von einem verkappten FBI-Agenten beweisen zu lassen, dass er und nicht DMX den Text zu "Spellbound" geschrieben hat. Die Szene erinnert eher an vorabendliche Richtersendungen mit Laienschauspielern als an die Dokumentation eines Streits zweier Gangster-Rapper.
Den Vogel schießt schließlich der Front-Rapper der Insane Clown Posse ab, der sich stundenlang (gefühlte Schätzung) mit lächerlich bemaltem Gesicht über die Frechheiten des bösen Eminems echauffiert. Interessieren tut das beim besten Willen niemanden. Ganz im Gegenteil zu dem exklusiven Bildmaterial und Berichten von Oldschool-Legenden wie Roxanne Shanté, UTFO, Grandmaster Caz oder Kool Moe Dee. Wer dann noch die Wahrheit über die zeitweilige Trennung von EPMD erfahren will, der sollte sich auf jeden Fall "Beef II" zu Gemüte führen. Kopfschütteln wegen Unverständnis ist da garantiert.
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