laut.de-Kritik
Viel mehr als "Kölsch, Kippe, Lederjacke".
Review von Laura SprengerVeedel Kaztro sei "Kölns bester Rapper", heißt es im Pressetext zum dritten Teil seiner "Büdchen Tape"-Reihe. Was im ersten Moment ein bisschen großspurig klingt und ohnehin Geschmackssache bleibt, lässt sich nach einem oder zwei Durchgängen bedenkenlos unterschreiben. Obwohl die geschätzte Heimat namentlich und inhaltlich stets gegenwärtig ist, fehlt von Lokalpatriotismus jede Spur. Der Junge aus der Neustadt-Süd blickt immer wieder über den Tellerrand und gestattet seinen Hörern unverstellte Einblicke in die eigene Gedankenwelt.
Inhaltlich umreißt der 27-Jährige seine Tracks gegenüber der Juice als "Mischung aus Ironie, Bullshit-Telling, persönlichen Angelegenheiten, vielen Themensongs und kritischen Sachen". Sowohl in Delivery als auch bezüglich der Beats, gleicht kein Track dem anderen: Aus Boom Bap und schnarrenden Samples, Trap und geschmeidigem Jazz zimmern Shawn The Savage Kid, Kevoe West, True Lyes und mit Yourz, Spexo und Dufsen die Homies aus der Sektor West Büdchen Gang das passende Soundgerüst. Kein Zweifel, Veedel K "weiß, wie man mit Beats umgeht, als wären es Vaginas".
Nach dem Prinzip "crew love is true love" wählt Veedel nicht nur Produzenten und Features, sondern setzt mit "Gib Ihm" ein simples und vor allem einprägsames Zeichen. In Gedenken an Birdmans denkwürdigen Radio-Austicker fordert "Coach Veezy" den "Respek" ein, der ihm gebührt. Dass dieses Selbstbewusstsein im Widerspruch zu seinem Auftreten in Interviews steht, macht die Sache nur interessanter: "Sie labern zu viel, fliegen zu hoch, ham nix zu erzählen, sind einfach nicht dope / Ich arbeite viel, bleib' immer am Boden, hab endlos viel' Themen und kille bei Shows."
Mühelos authentisch balanciert der Kölner zwischen Lässigkeit aka "Veezyness", sympathischem Draufgängertum und quälendem Verdruss: "Meinst du im Ernst, mich beeindruckt dein Geld? Dein Auto, dein Bizeps, dein Blick auf die Welt ist nicht meiner, wir ham' nichts gemeinsam, ich bleibe alleine, wenns sein muss / So viele Heuchler und Lügner und Blender, ich scheiß auf die Meinung. Keiner, der mir sagt, was hier gut oder schlecht ist, gefragt und gesetzt ist, Moral oder Recht ist, die Welt ist so hässlich, verroht und bestechlich, ich setz' mich darüber hinweg, denn ich mag nur, was echt ist." ("Hund Ohne Leine" mit Sparky und Simon Grohé)
Veedels Rapstil pendelt zwischen schnodderig und prollig im besten Sinne, steht einfühlsamen Texten aber erstaunlich gut zu Gesicht. "Stadt Unter Wasser" thematisiert indirekt, aber um so beklemmender den Selbstmord eines Freundes. Dabei geht es "auch um die Frage, wie das passieren konnte, und keiner kriegt das richtig mit. Das stellt ein bisschen die Gemeinschaft in Frage, wie stark man als Gruppe ist", erklärt der Rapper im Interview. Mit "Bei Dir" wiederum gelingt ihm eine so kitschbefreite und schonungslos berührende Liebeserklärung, wie Deutschrap sie lange nicht gehört hat.
Dass der große Erfolg bisher ausblieb, nimmt der "Flermanistik"-Student mit Humor: "Wie soll ichs meiner Mama erklären? Ich hab' aus der Musik nichts gelernt. Zumindest nichts, mit dem man irgendwas reißen kann. Der Hip Hop-Hype ist bald vorbei und ich heiß' nicht Eizi Eiz / Wie soll ichs meiner Mama nur beibringen? Dass ich für immer Underground bleibe? Und ich weiß doch, sie mag mich auch so, doch wenn sie auf die Arbeit fährt, dann läuft im Radio Cro." Und ackert unermüdlich weiter, isst jeden Tag "Falafel" und wäre nicht Veezy, wenn er nicht ab und an blaumachen würde. Sein Traum? "Homies grinden nicht mehr, sondern surfen nur noch."
Christopher Langs Gedanken drehen sich aber längt nicht nur um den eigenen Kosmos. So verpasst er Savas' fragwürdigem Hit "LMS" eine mehr als gerechtfertigte Generalüberholung: "An alle AfD-Rattenfänger: Lutsch' meinen Schwanz! An alle abgefuckten Mitläufer: Lutsch' meinen Schwanz! An alle scheiß Nationalisten: Lutsch' meinen Schwanz! An alle Faschos und Sexisten: Lutsch' meinen Schwanz! An alle rücksichtslosen Unternehmer: Lutsch' meinen Schwanz! An alle Populisten-Lügner: Lutsch' meinen Schwanz! An alle, die immer nach unten treten: Lutsch' meinen Schwanz! Und an all die ganzen blöden Wichser: Lutsch' meinen Schwanz!"
In der Tradition des K.I.Z.'schen "Biergarten Eden" nimmt Veedel stereotypisches Deutschsein auf die Schippe und versetzt sich anschließend, einen wesentlich ernsteren Ton anschlagend, in die von "Angst" und Misstrauen gelenkten besorgten Bürger. Das mag zuweilen plakativ anmuten, kommt aber offenbar direkt aus dem Herzen. Rap ist für Veedel Kaztro weder Geldeinnahmequelle noch Zeitvertreib, sondern schlichtweg ein Grundbedürfnis. Vielleicht beschert ihm das "Büdchen Tape III" ja die gebührende Aufmerksamkeit.
1 Kommentar mit 21 Antworten
Hört sich ja garnicht so übel an, aber ob das wirklich was kann...Einer der Headz das schon gediggelt?
Ich war damals first mover hier und habe einige auf den Buedchenfilm gebracht, noch lange vor irgendwelchen Maedchens von laut. Kannst du dir geben, aber besser am Anfang starten.
Ich hab auch alles Andere von Veedel schon, kenne ihn natürlich auch schon seit Ionen, aber irgendwie hat sich das bei mir so n bissl abgenutzt. Wollte jetzt konkret auf diesen Albung bezogen wissen, ob das schon jemand gediggelt hat.
Ich war einer derjenigen den Butterbaude auf den Büdchenfilm gebracht hat und finde den Jungen gut! Dieses Machwerk werde ich nun laden und am WE hören.
Mit laden meinst du vmtl loadusern...
Firstmover Lauti, each one teach one!
Was gibt's eigentlich sonst so aus der jecken Szene? Mir fällt so spontan nur Creme de la Creme ein #backpack
Okay, und Olli Banjo wohnt in Köln, aber ist nur zugezogen.
Craze: latürnich nicht, damit meine ich bei apple music offline verfügbar machen.
CD-Django: Habe neulich Flatpocket entdeckt, die Platte "Geldfundphantasyen" iz sehr naise, allerdings kein Rap, nur Beats und Geschwurbel. Wird im Sommer heiß laufen bei mir.
Hab mir die Büdchen LP vor Jahren mal reingehört, war nicht meins, vor allem die Stimme war würgreiz.
neue wird sicher gehört
Welch bestechende Logik!
manchmal denke ich, er macht das extra.
und klar ist lgoony der beste raper kölns
In Sachen raper haben die Nafris aber noch ein Wörtchen mitzureden.
wobei die aber besser tanzen als rappen können.
raper
ok, groschen zu spät bei mir gefallen.
Und du bist wohl auch raus. Ne lange Leitung macht noch keinen guten Raper.
dHvW: Das Gefuehl habe ich auch oft, so schael kann eigentlich keiner sein.
Wird mal wieder Zeit Zürifag zu begraben.
Kenne hiervon nur Respek, aber generell 1 nicer Dude. Geb ich mir dann mal von diese Spotify. Wertung ist natürlich bisschen cüss.
Einer meiner persönlichen Kölnrap-Klassiker: https://www.youtube.com/watch?v=gmrlQdvjbmE
wüsste nicht wie du mich begraben solltest, war schliesslich vor dir hier.
Ist Alter jetzt ein Qualitätsmerkmal oder was? Du bist also schon lange hier. Super. Warum hast du dann aber von nix ne Ahnung?
Geh n eis essen. Ich digge vieles, muss ja nicht alles gut finden.