laut.de-Kritik
Die Berliner Enkel der Retrorocker.
Review von Tom KüppersRetro dies, Vintage das - sich auf alte Tugenden zu berufen ist eine der essentiellen Qualitäten des Rock'n'Roll. Nur leider erschaffen nur wenige aktuelle Genre-Vertreter (allen Erfolgen zum Trotz) wirklich Originelles, von Neuem wollen wir hier erst gar nicht anfangen.
Das Ergebnis aus "Stimme plus Fransenjacke plus Schlaghose zum Quadrat" ist halt eben nicht immer supergeil und langweilt inzwischen auch oft maßlos. Ein gefährliches Terrain also, auf das sich die Berliner Vug nun mit ihrem Debüt wagen.
Dabei entpuppt sich das Quartett überraschenderweise als der erste relevante Vertreter eine neuen Generation Retro-Rocker. Anstelle sich nur auf die Ur-Mütter und -Väter zu verlassen, haben die Musiker ganz genau hingehört, was beispielsweise die Skandinavier zu diesem Thema zu sagen hatten und haben. Bereits der Opener "Lose" kreuzt Hellacopters-Licks mit Sabbath-Riffs, der Geist von Graveyard oder den frühen Horisont ist auf "Vug" irgendwie allgegenwärtig.
Doch natürlich kommt die alte Garde nicht zu kurz, auch wenn "White Room" leider kein Cream-Cover geworden ist. "Garden" stammt ganz klar aus der von Dust, Blue Cheer und selbstredend Black Sabbath gekochten Urmetalsuppe, für die bluesig-zurückhaltenden Momente haben sich die Musiker offenbar an der Led-Zep-Akademie zertifizieren lassen. WahWah-Soli, Phaser-, Flanger- und sonstiger Effekteinsatz gehören ebenso zur Standardausstattung wie pulsierende Grooves aus der Tiefton/Trommel-Abteilung.
Ja, Vug haben noch Luft nach oben, insbesondere Sänger und Gitarrist Felix Scholl klingt manchmal - speziell im Vergleich zur restlichen Band-Wucht - etwas schwach auf der Brust. Und auch nicht jede Arrangement-Idee entpuppt sich als Volltreffer.
Insgesamt punktet die deutsch-amerikanische Bandfreundschaft aber mit jeder Menge Energie, Hingabe und Charme. Genau das also, was man vom ersten Album einer Rockband erwartet. Glatt gebügelte Scheiße können gerne andere machen, das hier ist authentisch.
Noch keine Kommentare