laut.de-Kritik
Zwischen Notwist und James Holden: Verfönte Electronica.
Review von Daniel StraubWovon viele träumen, das hat das britisch-italienische Duo Walls geschafft. Das Debüt veröffentlichen sie auf dem renommierten Kölner Label Kompakt. Neben Michael Mayer und Jürgen Paape hält dort Wolfgang Voigt die Zügel in der Hand.
Und der hat bekanntermaßen eine Vorliebe für elektronische Musik, die mit wenigen oder gar keinen Beats auskommt. Als neugieriger A&R signt er immer wieder neue Acts - das jüngste Mitglied der Kompakt-Familie heißt Walls, die erst im vergangenen Jahr gegründet, nun schon ihr Debütalbum vorlegen.
Überhaupt scheint es um die kreative Chemie zwischen Sam Willis und Alessio Natalizia bestens bestellt zu sein. Kaum, dass die Band 2009 formell geboren war, legten die beiden Musiker auch gleich im Londoner Studio los. Nach gemeinsamen Jam-Sessions machten sie sich erst mal an einen Remix des schwedischen Acts The Field. Der veröffentlicht ebenfalls auf Kompakt und bewegt sich mit seinem elektronischen Krautrock auf einem ähnlichen Terrain, das Walls mit den acht Tracks durchschreiten.
Willis programmiert mit seinem Equipment zarte Beats und ausladende Klangsphären, wie sie beispielsweise bei "A Virus Waits!" in Reinkultur zu hören sind. Der Track bildet gleichwohl eine Ausnahme auf "Walls". Denn in der Regel bleiben die elektronischen Sounds von Willis nicht derart isoliert stehen.
Der charakteristische Sound des Duos kommt gerade durch die Verbindung mit Natalizias Gitarrenakkorden und -sounds zustande. Sie geben "Walls" einen unverkennbar psychedelischen Einschlag, wie er auch in vielen Produktionen von Border Community-Chef James Holden zu hören ist.
Dröhnende Akkordschleifen, mit vielerlei Effekten behandelte Melodiefragmente und ein stützender Background aus sphärischen Flächen und einem nervösen Flimmern verdichten sich in den besten Momenten zu einem trippigen Klangteppich, auf dem man es sich gerne gemütlich macht.
Wenn sich dann wie bei "Soft Cover People" Streichersounds mehr und mehr in den Vordergrund spielen und hart an der Grenze des Kitsches entlangschrammen, weiß man auch, warum die Band bei Kompakt auf offen Ohren gestoßen ist. Dort pflegt man seit über zehn Jahren eine ganz eigene Interpretation von Ambient-Popmusik. Und die darf gerne auch mal betont schwülstig daherkommen.
Immer vorausgesetzt natürlich, dass die dazugehörige feine ironische Note nicht gänzlich verloren geht. Walls absolvieren diese Gratwanderung mit Erfolg und schnuppern mit dem Vocaltrack "Gaberdine" gar am modernen Popentwurf von The Notwist. Gute Voraussetzungen.
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