laut.de-Kritik

Ein Seitensprung, der sich gelohnt hat.

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Aufgeschlossen bleiben und die Jugend zumindest nicht vollständig aus den Augen verlieren. So könnte ein Patentrezept für Menschen lauten, die mit dem eigenen Altern hadern. Für wissbegierige Menschen ist diese Weltsicht schlicht: völlig normal. Zu letzterer Sorte zählt Gitarrist Jakob Ilja von Element Of Crime, der uns kürzlich ganz fasziniert von der belgischen Band Balthazar vorschwärmte: "Zuerst dachte ich noch, der Name, naja, und dann stand ich vor der Bühne – Hammer! Ich war echt schwer beeindruckt. Irre, wie die arrangieren."

Recht hat er. Menschen unter 57 dürften vielleicht schon vor dem Immergut 2015 auf die Indie-Band aufmerksam geworden sein und auch wissen, dass deren Sänger und Songwriter Maarten Devoldere das Nebenprojekt Warhaus aus der Taufe gehoben hat. Hier lässt der Belgier seiner Liebe für ätherisch-somnambule Melodiebögen freien Lauf. Den fein arrangierten und mit düsterer Melancholie überzogenen Vorabtrack "The Good Life" erdet ein zentnerschwerer Kirchenglockenschlag, während die unbekannte belgische Sängerin Sylvie Kreusch mit säuselndem Backgroundgesang für die nötige Leichtigkeit sorgt.

Für Devoldere selbst scheint Warhaus in erster Linie eine Fortbildung im Feincrooning zu sein: Immer noch mehr Sentiment, immer noch mehr Leonard Cohen. Dabei macht er eine durchweg gute Figur, ob er im beinahe schon aggressiven "Against The Rich" teilweise acapella ächzt oder in "I'm Not Him" das Wort "motherfucker" zwar angewidert, aber mehr herausleiert als ausspuckt.

Der reißerische Albumtitel "We Fucked A Flame Into Being", den er dem 20er Jahre-Skandalroman "Lady Chatterley" entnahm, passt insofern zum Sound, als der erotische Überzug seiner Grooves häufig an French Pop-Großmeister Serge Gainsbourg erinnert. Ähnlich dandyhaft und exotisch kommt auch Warhaus' Songpalette rüber, die zu gleichen Teilen anschmiegsam, eingängig, einlullend und apathisch wirkt. Kurz: Man kann die Platte prima nebenher hören, ohne dass sie in ihrer Unaufdringlichkeit langweilt. Gleichzeitig bietet sie genügend feinsinnige Details, um zu fesseln.

Das narkotische und wie ein aus der Zeit gefallener Pop-Noir-Klassiker auftrumpfende "Machinery" zählt hierbei ebenso zu den Highlights wie die beiden Instrumentals: In "Beaches" pulsiert ein hypnotischer Basslauf, "Wanda" betört als Psychedelic Swing mit Frauenstöhnen. Ein Seitensprung, der sich definitiv gelohnt hat.

Trackliste

  1. 1. I'm Not Him
  2. 2. The Good Lie
  3. 3. Against The Rich
  4. 4. Leave With Me
  5. 5. Beaches
  6. 6. Machinery
  7. 7. Memory
  8. 8. Wanda
  9. 9. Bruxelles
  10. 10. Time And Again

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