laut.de-Kritik
Warum bedienen nicht mehr langhaarige Männer ein Fagott?
Review von David HutzelUm das Fagott als Instrument ist es in den letzten Jahren eher ruhig gewesen. Also zumindest im Indie-Rock, und zwar so völlig. Und wer sich dann mal wie ich zwecks Recherche für diesen Text Ergüsse der Fagott-Populärkultur auf Youtube zu Gemüte führt, der kann echt nicht verstehen, warum.
Videos mit Titeln wie "Muse - 'Hysteria' cover bassoon" und "Wrecking Ball (Miley Cyrus)) – Bassoon cover" ziehen einen sofort in die Fagott-Spirale: Man fühlt sich weich umspielt, fast so, wie es sich anfühlen muss, im Auge des in einer Fagott-Röhre zirkulierenden, warmen Luftstroms zu sitzen. Aus diesem Grund lässt sich zurecht behaupten: White Wine haben auf ihrem dritten Album die Zeichen der Zeit begriffen. Oder zumindest lässt die Band einen das glauben.
"Who Cares What The Laser Says?" kreiert das Bedürfnis nach mehr langhaarigen Männern, die das Fagott bedienen (Fritz Brückner) und nach mehr Hochwasserhosen tragenden Singer-Songwriter-Zampanos, die dazu manische Monologe singen und Gitarre spielen (Joe Haege). Nun, betrachtet man die Platte auf diese Weise, mag das zwar den Kern der Musik treffen, nur gerecht wird man White Wine damit natürlich nicht.
Eine beeindruckende Mischung aus Sounds, die allesamt aus Omas Bontempi stammen könnten, wenn man damit entsprechend umgeht, trägt "Who Cares What The Laser Says?" und stellt das Album damit in eine sympathische Trash-Ecke. Wohl wissend, dass das hier Dargebotene keinesfalls in irgendwelche Up-To-Date-Indie-Kategorien passt, findet man sich dann doch nach wenigen Sekunden in dieses Weirdo-Kabarett ein.
Der blanke Beat paukt sich wenige Sekunden nach oben, zwei Fagotte setzen ein, dann groteskes Laser-Geballer. "Is This Weird?" beantwortet diese Frage gleich selbst, Joe Haege führt mit seinen schnell vorgetragenen, entrückten Monologen durch den Song. Irgendwann stößt dieser flötig-käsige Synthie dazu, den es kurze Zeit später in "Sitting On A Bench" wieder zu hören gibt. Mit "Where Is My Line" packen White Wine eine Indie-Nummer auf die Platte, die auch von Menomena stammen könnte.
"A Drink & A 6 Lane Freeway" kommt mit Singer-Songwriter-Charme und viel Gerassel daher und zaubert eine zuckersüße Gitarrenmelodie aufs Parkett. Transzendente Momente gibt es hier zur Genüge, meist traut man seinen Ohren kaum. Kurzum: Dem Duo Haege und Brückner sollte gehuldigt und auf ihrer expressionistischen Wallfahrt ins Irrenhaus bedingungslos die Treue geschworen werden.
1 Kommentar
"und stellt das Album damit in eine sympathische Trash-Ecke"
Ich dachte immer die wäre meine Ecke, ausschließlich! Nun gut solche Ecken haben eben die Kante, das sie kein "Alleinstellungsmerdingens" sind.
Ernsthaft, will der Autor mir das Fagott bzw. White Wine schmackhaft machen, ich mag gerne roten schweren Wein, dann reichen so Sprüche mir nicht. Etwas mehr Tiefgang, Wiki und damit ein paar mehr Worte die Fakts sind, wären wünschenswert.
Genügsam werde ich mir das nun Vorliegende trotzdem zu Gemüte führen. Weil ich mag an sich Sprüche, wenns den gut klingt.