laut.de-Kritik
Immer in Bewegung.
Review von Irina Brüning"Hörst du Girl in Red?", fragen junge Lesben, um ihresgleichen zu erkennen. Im deutschsprachigen Raum könnte es auch heißen: "Hörst du Wilhelmine?" Schließlich hat die junge Sängerin in "Meine Liebe" ihr Coming-out zum Thema gemacht und für Amazon die Playlist "Pride History Germany" zusammengestellt. Vor über zehn Jahren sang sie für den lesbischen YouTube-Kanal "The Nosy Rosie" einen süßen Song ein, seitdem ist sie musikalisch wesentlich professioneller geworden, und nun ist mit "Wind" das erste Album da.
Gleich vorweg: Explizit lesbisch ist lediglich der Titel "Besonders", in dem die angesungene geliebte Person "meine", also eindeutig weiblich ist. Glückliche Liebe thematisieren auch die Lieder "Die kleinen Dinge" und "Eins sein", das Sprecher-Ich verdankt der angesprochenen Person viele glückliche Momente und möchte ihr immer noch näher sein. Wenn eine Beziehung zerbricht, fallen einem durch selektive Wahrnehmung mit dem oder der Ex verknüpfte Dinge viel stärker auf, beispielsweise Autos. Die ganze Stadt scheint plötzlich in einem "Schwarzen Renault" unterwegs zu sein, wobei die Farbe Schwarz als Symbol für Liebeskummer an Juanes' Hemd denken lässt, das sich dem Zustand seiner Seele anpasst.
Dabei verbreitet die windige Scheibe eine überwiegend positive, optimistische Stimmung. Als Fortsetzung von "Schwarzer Renault" kann "Ich gehör wieder mir" interpretiert werden, das lyrische Ich macht sich die Wohnung wieder zu eigen und ist bereit für neue Liebesabenteuer.
Den Titel "Sicher" hat die Sängerin in einem kurzen Statement auf ihrem YouTube-Kanal selbst als "positives Abschiedslied" bezeichnet; es beschreibt eine Aussöhnung mit einer zu früh und zu plötzlich verstorbenen Vaterfigur. Es ist eines der ruhigsten Stücke auf dem Album, das meist auf lebhafte elektronische Arrangements setzt. Diverse Aufnahmen beweisen, dass Wilhelmines Stimme auch mit sparsamer Instrumentalbegleitung überzeugt, ein paar Akustik-Versionen wären nicht verkehrt gewesen.
"An die Freude" erinnert weniger an Friedrich Schiller als an Mia vor fast zwanzig Jahren mit "Komm mein Mädchen ..." Ich werde auch in schwierigen Zeiten für dich da sein, bis die Welt wieder freundlicher aussieht, ist die Botschaft. Die Beschreibung "Empowerment in Musikform" trifft es gut, die Lieder auf dem Album sprechen von gegenseitiger Unterstützung und gemeinsamen schönen Erlebnissen. Der titelgebende Wind steht nie still, dazu passend zieht sich durch das gesamte Werk das Leitmotiv der Bewegung (und dabei ist "Solange du dich bewegst" in der Sammlung gar nicht enthalten). "Schritt für Schritt" geht es im ersten Song vorwärts durch die Höhen und Tiefen des Lebens, und das Abschlussstück "Lachenden Mutes" erzählt von einem Aufenthalt im Ausland. Dazwischen wird mit diversen Fortbewegungsmitteln herumgefahren – mit dem Renault, mit dem Fahrrad oder auch mit der Berliner U1. In der deutschen Hauptstadt lebt die Sängerin und dort kann man auch getrost "mich" auf "nich" reimen.
Die Ohren und Herzen wird das Album aber auch im übrigen deutschsprachigen Raum erobern. In einigen Songs ist vom Tanzen explizit die Rede und die Arrangements laden stark dazu ein, eben das zu tun, mitsingtauglich sind viele der Nummern auch. Musik für Großstadt-Lesben U30, aber nicht nur.
5 Kommentare mit 7 Antworten
Na endlich hat dann auch die LGBT-Community ihr eigenes "Menschen, Leben, Tanzen, Welt".
Abstoßender Konsenspop für Leute, die Poetry Slams mögen.
Vor etwas mehr als zehn Jahren war ich mal bei zwei oder drei Poetry Slams. Das war die prätentiöseste Scheiße ever von wohlstandsverwahrlosten Bürgerkindern. Dafür schäme ich mich mehr als fürs Tragen eines Slipknot-Kapuzenpullis mit 16 oder 17.
@Brofessor_Sprechgesang:
Schäm dich, dass du dich für das Tragen eines Slipknot Hoodies schämst.
Kann es vielleicht sein, daß Wilhelmine auf Frauen steht, und in Berlin wohnt?
Irgendwie finde ich die Rezension sexistisch. Nicht jede Großstadtlesbe wird einen beschissenen Musikgeschmack haben...
Die hat einfach noch nicht ihren Traumprinzen gefunden. Dann ändert sich das ganz schnell.
Saudumm, aber angesichts der Vorlage eines eher dürftigen USP irgendwie angemessen.
Der Stumpfheit bin ich mir bewusst. Wollte nur schauen, ob das althergebrachte "Die Alte hat bloß noch nicht den richtigen Kerl kennengelernt!" noch wen hinterm Ofen hervorlockt.
"Es gibt gar keine Lesben, nur nen paar unterfickte/
doch sind es zwei geile, kann man 1A dazu wichsen"
Auch in diesem Fall wäre es wert, zu überprüfen, ob ein paar Schellen helfen.
„Chrom und Schwarz
Und Fatcap-Tags
1A-Spitzenklasse wie Lesbensex“