laut.de-Kritik
Auch mit 80 noch voller Charme und Spielfreude.
Review von Giuliano Benassi2012 beendete der Country-Barde seinen kurzen Ausflug zum Jazz-Label Blue Note und kehrte zu Sony zurück, wo er schon von 1975 bis 1993 unter Vertrag stand, damals bei Columbia. Dass ein 79-jähriger Entertainer überhaupt so eine Chance erhält, ist in diesen Zeiten ein kleines Wunder. Willie Nelson bedankte sich sogleich mit "Heroes", auf dem er unter anderen Pearl Jam und Coldplay coverte. Zu den Gästen zählten Merle Haggard und Snoop Dogg.
Die zentrale Rolle nimmt diesmal die 82-jährige Pianistin Bobbie Nelson ein, Willies große Schwester. Natürlich neben Willie und der treuen Trigger, seiner Martin-Konzertgitarre mit mehr Löchern als Holz. Schon als Kinder musizierten die Geschwister gemeinsam, in den 70er Jahren gehörte Bobbie Willies Begleitband The Family an. Wie auch Schlagzeuger Paul English und Mickey Raphael an der Mundharmonika, die auch hier mit von der Partie sind. Das Familienbild vervollständigt Willies Sohn Micah, der Perkussions beisteuert.
Eine Reise in die Vergangenheit also, die sich auch an der Tracklist ablesen lässt. Fast alle Stücke stammen aus den Jahren 1930 bis 1960, die Willie und Bobbie als Kinder und später auf der Bühne oder im Studio immer wieder zum Besten gaben. Ausnahmen sind das einzige Lied aus der Feder Willie Nelsons, "Is The Better Part Over", das er 1989 bereits aufgenommen hatte, und "Vous Et Moi" des französischen Chansonniers Claude François.
Der titelgebende Opener aus der Feder Irving Berlins erinnert stark an "Besame Mucho" und versprüht eine ansteckende gute Laune. Letzteres gilt für das gesamte Album, das weniger nach Country als nach Easy Listening-Jazz klingt. Angenehm ist auch Nelsons Stimme, die nicht so weinerlich ausfällt so oft und eher aus den Tiefen seiner Brust kommt.
Neben Berlin, der auch "Marie (The Dawn Is Breaking)" geschrieben hat, stammt das Material von weiteren Fließbandsongschreibern wie Harry Warren/Mack Gordon ("You'll Never Know"), Fred Ahlert/Roy Turk ("Walking My Baby Back Home") oder Dorothy Parker/Jimmy McHugh ("I Can't Give You Anything But Love"). Alles Gassenhauer, die schon in unzähligen Versionen existieren, dennoch nach wie vor ihrem Charme versprühen.
Neben "Vous Et Moi" fallen zwei weitere Stücke etwas aus der Rolle: Django Reinhardts instrumentales "Nuages", mit Trigger in der Hauptrolle, und Carl Perkins' Rock'n'Roll-Nummer "Matchbox", das auch die Beatlesin ihren frühen Jahren coverten. Wenn auch nicht zahm, fällt es hier jedoch deutlich ruhiger aus. Nelson hat es einfach nicht mehr nötig, Vollgas zu geben.
Auch wenn er es an sich tun könnte, schließlich stammt der Bio-Sprit für seinen unermüdlichen Tourbus Honeysuckle Rose (mittlerweile der dritte) von der eigenen Firma. Routiniert wie die Auftritte fällt auch "Let's Face The Music And Dance" aus, das pünktlich zu Nelsons 80. Geburtstag erscheint. Happy Birthday, Willie. Wie dein alter Freund Neil Young in einem seiner besten Lieder singt: Long may you run!
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